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Hofmann: Versuche über Telepathie
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unabzuweisender Besuch gekommen, der die ganze Aufmerksamkeit
in Anspruch nahm. — Interessant ist die Beobachtimg, daß
dem Sender bald zum Bewußtsein kam, der Ruf fände keinen
Empfänger —, denn er war aus den früheren Versuchen mit
Dr. Fr. daran gewöhnt, eine Resonnanz au fühlen, wohl daraus
entstehend, daß der gleiche Gedanke nunmehr im Empfänger
mobil wurde und dieser ihn als Quittimg unwillkürlich wiederholte
.
Am 4. November nahm Schreiber dieses zufällig das prachtvoll
illustrierte Werk von C. Lagier, L'Egypte monumentale et pitto-
resque, vor und vertiefte sich nacheinander in die Abbildungen
Seite 2 Cheopspyramide, S. 9 Kopf des Scheik el Beled, Seite 19
Grab des Amenembat, S. 27 Tempel des Seü I in Abydos, mit
dem Wunsche, diese zu übertragen. Am folgenden Tage kam
eine Postkarte an, lautend: „Ägypten, Pyramide, Sphinx, Bürgermeister
*), Gräber und Tempel."
Wie man erkennt, ist auch dieser Versuch als ein vollkommen
gelungener zu bezeichnen. Es wird nun wohl in jedem Leser die
Frage auftauchen, warum ich diese so viel versprechenden Versuche
nicht ganz regelmäßig fortführte, da alle Vonbedingungen anscheinend
so günstig seien? Als Erklärung wird aber einleuchten,
daß diese Experimente einen großen Verbrauch von Nervenkraft
erfordern, der sich bei unseren schlechten Ernährungsverhältnissen
nicht so leicht ergänzen läßt, und daß infolgedessen eine
arge Abspannung die Folge ist, die an dem Fortführen anderer
wichtigerer Berufsarbeiten hundert. Weim auch auf die Entfernung
von 800 Meter der Energieverbrauch nicht so stark war,
so war doch für eine ganze Reihe solcher die Krafterneuerung
nicht ausreichend und mußte auf eine intensive Behandlung des
Gegenstandes leider verzichtet werden. Wenn ich nun kurz,
meine Beobachtungen und die mir bekannt gewordenen anderer
zusammenfassend, mich über das Zustandekommen des tele*
pathischen Phänomens äußern darf, so möchte ich folgende Leitsätze
aufstellen:
1. Es ist eine große Gemütsruhe beim Sender als Hauptgrundlage
anzusprechen. Die geringste nervöse Erregung oder Ableitung
hindert die Gedankenübertragung vollkommen.
2. Für den Empfänger gilt dasselbe, aber in ein we,niig abgeschwächtem
Maße.
3. Weingenuß und ähnliches während der Zeit, innerhalb
welcher telepathische Versuche angestellt werden, ist schädlich,
ebenso zu massige Ernährung, größerer Fleischgcnuß beispiels-
w eise.
*) Mit diesen Namen wird jene bekannte höchst charakteristische
Portraitflgur bezeichnet, in der die typische Bauernschlauheit einen
alten Aegyptischen Dorftyrannen ihren vollkommensten Ausdruck gefunden
und die eine der Zierden des Museums von Kairo bildet.
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