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12 Psychische Studien, XLV11I. Jahr«. 1. I feit. (Januar 1921.*
4. Bei den beiden Agenten dürfen keinerlei sexuale Beziehungen
oder Regungen sich zeigen.
(Schon im. Altertume wurden mit Vorliehe junge Knaben oder
Mädchen im Tempeldienste zu diesen Produktionen verwandt,
wobei sie als Empfänger, ältere Priester als Geber auftraten.
Auch wurde z. B. beim prophetischen Tempelschlaf, der ja eine
Art von angewandter Telepathie darstellt, und bei den Orakel
Heischenden verlangt, sich durch Fasten und besonders durch
Enthaltsamkeit von Wein und ähnlichem zum Empfange der Bot-.
sehaft des Heilgottes oder des Orakels würdig zu maehen — in
Wahrheit mehr um dem, das Opferlamm dieser Ausbeutekulte
aushorchenden, Priester die telepathische Übertragung seiner
Wünsche und Hoffnungen zu ermöglichen, worauf das Orakel usw.
zu basieren hatte.
Mir «sind aber aiich eine Reihe von Fällen bekannt, wo eine
volle sexuelle Erschöpfung des einen Agenten ihn besonders zur
Telepathie geeignet machte, eine Erschöpfung, die so weit getrieben
war, daß eine sexuale Erregung für die Dauer der Experimente
getötet wai, der Betreffende somit als asexual anzusprechen war.)
5. Bedingung für ein gutes Gelingen ist entweder vollkommene
Bekanntschaft der beiden Agenten, gegründet auf gegenseitiges
Vertrauen, oder ein ehrfürchtiges Verhältnis, wie es z. B. die
Religion zwischen Priester und Gläubigen hervorruft. Ich möchte
hier an den allerdings hinkenden Vergleich mit der drahtlosen
Telegraphie erinnern, wo nur die Stationen ein Telegramm auf*
fanigen können, die auf die gleiche Wellenlänge des Gebens ab-
gestimmt sind oder einen darauf abstimmbaren Empfänger be-
sitzen.
Ein anderes, vielleicht hierhin gehörendes, Experiment sei
noch verstattet zu erwähnen:
Um zu versuchen, ob nicht durch reine Willensübertragung die
Axislösnng eines chemischen Vorganges möglich sei, wurde versucht
, eine abgekühlte überschmolzene Lösung von «unterschweflig-
saurem Natron zum Kristallisieren zu bringen.
Dies genannte Salz teilt mit vielen andern die Eigenschaft,
bei niederer Temperatur zu schmelzen und beliebig lange nach
dem Abkühlen flüssig zu bleiben. Man kann eine solche überschmolzene
Lösung heftig schütteln, ohne daß sie erstarrt. Aber
bringt man einen, noch so kleinen, Kristall derselben Materie
hinein, so erstarrt sie fast augenblicklich unter lebhafter Erwärmung
.
Zum Anstellen des Versuches bereitete ich mir durch wiederholtes
Umkristallisieren ganz frisches Salz. Mit diesem wurden
fünf verschiedene runde Glaskolben von 100 ccm Inhalt etwa zur
Hälfte gefüllt und diese im Wasserbade zum Schmelzen gebracht
. Der Hals der Kölbchen wurde verkorkt, um jedes zufällige
Hineinfallen fremder Materie zu verhüten.
Die so vorbereiteten Gefäße wurden am folgenden Tage mit
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