Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
48. Jahrgang.1921
Seite: 19
(PDF, 212 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1921/0023
Zeller: Dem Volke eine neue Religion

19

sich um das Ergehen ihrer einzelnen Geschöpfe bekümmern. *)
Fn dem Selbst, dem göttlichen Prinzip jedes einzelnen, individualisiert
sich das göttliche Wirken. Das Selbst *) ist der Gott, zu dem
wir anbetend emporschauen dürfen. Erhebung des Ich zum
Selbst als Grundgefühl der Seele und ein Handeln aus dieser
GrundsHmmiung heraus; Nächstenliebe als selbstverständliche
Konsequenz dieser Religion, als letztes Ziel Aufgehen der Indi-
vidualseele in der Weltseele, der sich der einzelne durch unausgesetzte
Erweiterung und Vertiefung seines Erkennens und sittlichen
Wollens in einer unendlichen Entwicklung zu nähern sucht;
aus dieser Ethik und Religion eine Staatsordnung sich ergebend,
die die bisherigen Schranken der Religion, Stände, Völker, soweit
sie ethische Ziele störten, zu überwinjden sucht, ein Staat, der
nicht materielle Ziele um ihrer selbst willen, sondern, aim mit
Driesch (Wirklichkeitslehre 1917) zu reden, Wissensförderung
und „Caritas" aJs höchste Zwecke zu verwirklichen sucht wobei
Wissen und Religion in engster Harmonie demselben Endziel
zuzustreben haben, eines das andere fördernd: So ungefähr denke
ich mir die Religion der Zukunft, eine wirkliche Weltreligion,
wo Gott im Geist und in der Wahrheit angebetet wird und wo
jeder den Gott in der eigenen Brust erkennt und diesen aus dem
Kerker, in den er gebannt ist, zu erlösen sucht, bis die Seele nach
langen Umgestaltungen in ihren letzten Urquell, die Gottheit,
wieder zurückkehrt.

Bieten wir dem gemeinen Mann diese Art der Religion, er wird
sie schon zu verstehen lernen, feigen wir ihm, wie verwandt diese
Religion mit der christlichen ist und wie sie doch auch alle berechtigten
wissenschaftlichen Forderungen erfüllt, wie sie auf der
Grundlage wissenschaftlichen Erkennens ruht und wie sie in
einem neu zu gestaltenden Staatsleben ihre Pflege und Stütze zu
finden hat, so haben wir eine Pflicht erfüllt, der wir uns schlechterdings
nicht mehr entziehen dürfen. Denn der gemeine Mann,
ob er es zugibt oder nicht braucht gerade in diesen Fragen unbedingt
die Führung des höher Gebildeten. Er wird ihm schließlich
sein Vertrauen nicht versagen, so wie er es bis jetzt nur
allzusehr seinen blinden Blindenleitern zu schenken gewohnt war.

Möge die Zeit der Verwirklichung dieser Ziele nicht mehr allzu

*) Vgl. hierzu auch die geistvollen Ausführungen des Grafen Hermann
Keyserling im 1. Band seines Tagebuchs eines Philosophen 1920, wo
eine ganz ähnliche Weltanschauung, Verbindung von Religion und Wissen
auf der Grundlage kritischen Okkultismus, auch genau dieselbe Gottesauffassung
wie hier zum Ausdruck kommt.

*) Dieselbe Gegenüberstellung der zwei Seiten unseres Wesens z. B.
auch bei Paul Deußen, Allgem, Gesch. d. Philosophie II, 2, 1, S. 234:
„Es ist der Mensch als Gott, welcher den Menschen als Menschen überwindet
, es ist, wie Kant sagt, Der Mensch als Ding an sich, welcher
dem Menschen als Erscheinung das Gesetz gibt." Aehnliche Gedanken
auch im Vorwort S. 10, wo von Christus in uns und den Tatsachen des
moralischen Bewußtsems die Rede ist, welche die einzige Quelle sind,
aus der auch ein Jesus und Paulus ihre Offenbarungen geschöpft haben."

2*


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1921/0023