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50 Psychische Studien. XLVITI. Jahrg. 1. Heft. (Januar 1921.)
sehr Gutes und Ungefährliches, es sei aber etwas ganz anderes
als die Hypnose! Nim sind aber die Erscheinungen der Wach-
Suggestion absolut gleich und gleichwertig denjenigen der Suggestion
m der Hypnose. Ob etwas mehr subjektives Schlafgefühl
hinzukommt oder nicht, erhöhl oder vermindert zweifellos weder
die Gefahr noch die Bedeutung der psychologischen Tateachen-
reihe. Jeder suggestive Erfolg bedeutet eine dissoziative Einwirkung
und bewirkt dadurch eine einzelne Erscheinung, die derjenigen
de$ Traumlebens homolog ist. Wenn die Suggestionen
im Wachzustande sich rasch folgen, so wird dadurch der Wachzustand
als ganzer hypnotisch, d. h. traumhaft und schlafähnlich.
Somit wäre jeder suggestive Erfolg im Wachzustand einem partiellen
zirkumskripten Traum zu vergleichen. Über die Richtigkeit
dieser Anschauung besteht unter den Fachgelehrten volle
Einigkeit." Dr. Josef Böhm.
Spiritismus oder Telepathie?
Zu dieser Streitfrage erhielten wir, dat. Oldenburg i. Freistaat,
4. Okt. 20, nachfolgende Zuschrift, die wir hiermit im Interesse
der Sache zur Diskussion stellen:
S. g. H. Prof.! Im Januarheft der ,,Psych. Studien" d. J. berichtet
ein Herr W. Westerop, Pferdeporträtmaler in Berlin, von
zwei merkwürdigen Fällen über Anmeldung Verstorbener. Ich
will auf den zweiten kurz zurückkommen. Es meldete sich angeblich
dem Medium ein kurz zuvor verstorbener Mann amd bat
unter genauer Angabe der Adresse seines in Münster i. Westf.
leb^nd^n Vaters, diesen von ihm zu grüßen. Der Verstorbene
und sein Vater waren dem Medium und den Sitzungsteilnehmern
völlig unbekannt. Ich möchte fragen, wenn man von Betrug absieht
, ob es für diesen Fall eine andere Erklärung gibt, als die,
daß es sich tatsächlich um eine Mitteilung aus dem Jenseits handelt
. Ich vergaß noch anzuführen, daß eine Anfrage bei dem
Vater des Verstorbenen ergab, daß wirklich ihm ein Sohn um
diese Zeit gestorben war umd daß auch alle Nebenumstände
stimmten. Herr Dr. Böhm, Nürnberg, bestreitet ja ganz entschieden
, daß wir durch Medien etwas aus dem Jenseits erfahren können
und glaubt wohl, wenn ich ihn recht verstehe, daß die Medien
alles aus dem Unbewußten andrer Menschen „erfühlen". Nun ist
es aber doch wohl wenig glaubhaft, daß in dem erwähnten Fall
das Medium aus der Ferne unter den Millionen von Menschen
gerade diesen Fall aus dem Unbewußten des Vaters oder eines
andern Menschen, der den Verstorbenen kannte, erfühlt haben
soll. Wie mir scheint, ist die okkultistische Forschung der neueren
Zeit überhaupt mehr und mehr der Ansicht, daß alle die
Fälle, bei denen man bisher an die Einwirkung von Geistern
glaubte, auch da, wo von Täuschung und Betrug nicht die Rede
sein kann, auf andere Weise sich erklären lassen. Dann aber
würde der Okkultismus wohl das eigentliche Ziel, das er sich
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