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V
52 Psychische Studien. XLVIII. Jahr«. 1. Tieft. (Januar 192U
New-Yorker Briefe.
Von Friedrich H e i s s. *)
„Sehr geehrter Herr Doktor! Nach beinahe fünf qualvollen
Jahren habe ich mit Vergnügen wieder einmal Ihre geschätzten
„Studien" gelesen und daraus ersehen, daß man im lieben alten
Vaterlande fleißig auf der „Suche nach den seelischen Kräften
im Menschen" ist. Es ist nach meiner langjährigen Erfahrung
der richtige Weg, der uns in unserer spiritistischen Sache ans
Ziel führen wird. Seit Gründung unserer Vereinigung (1909) und
vorher schon, als meine Frau plötzlich zum Medium wurde,
wurden wir sozusagen über Nacht, unter dei* Begleiterscheinungen
aller möglichen Phänomene, von d^n jenseitigen Freunden
belehrt, daß der Spiritualismus sehr einer Modifizierung bedürftig
sei. Und stets wurde uns erklärt, daß das Maßgebende für
uns Menschen die Seelen kraft sei und nicht die Geistkraft,
wie der amerikanische Spiritualismus annimmt. Selbst A. J.
Davis, der größte Seher englischer Zunge, wird von wenigen
seiner Landsleute verstanden. Wir standen hier wie auf vorgeschobenem
Posten und hab^n reichlich Anfeindungen durchkosten
müssen: die Lehre von der Seelenkraft war den guten Spiritua-
listen aus der alten Schule eben neu.
Wohin der „Geist" der offiziellen Wissenschaft den Menschen
führen kann, der seine seelischen Kräfte noch nicht erkannt hat,
haben wir in dem sich abspielenden Weltdrama zur Genüge erlebt.
Hauptsächlich hier zu Lande hob sich die irregeführte Psyche
stark hervor. Wie wenig Zeit war erforderlich, ein so großes
Volk zu einem willenlosen Werkzeug für verbrecherische Zwecke
zu machen. Sehen wir uns einmal die Vertreter des Spiritualismus
der alten Schule etwas näher an, wie haben sie versagt, als
die Prüfung ihrer „Nächstenliebe" über sie kam? Beinahe alle
unterlagen der nationalen Haßwelle, die über die Länder fegte.
Und warum? Weil in mangelhafter Erkenntnis der Seelenkraft
ihr Geist der hypnotischen Haßwelle nicht standhalten konnte.
Ich sende Ihnen beiliegend einige kleine Aufsätze für Ihr geschätztes
Blatt, zunächst nachfolgende Betrachtung aus dem „ Inspirator
' ' vom Juni 1920 über das \hieben des Psychologie-
professors Hyslop.
James IL Hyslop.
Am 18. Juni brachten New Yorker Tagesblätter die Nachrieht,
daß J a m e s Hervey Hyslop, der Sekretär der „American
Society of Psychological Research", auf seinem Landsitz in Upper
*) Von unserem früheren Mitarbeiter, dem Herausgeber des „Inspirator
" und Begründer der „German Psychological Society" (931 Bush-
wick Avenue, Brooklyn, N.-Y,) erhielten wir. dat. 1. Aug. 20, obige Einsendung
, die auf die spiritua istische Bewegung in Amerika redaktionelle
Streiflichter wirft — Schriftl.
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