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Peter: James Hervey Hyslop f 17. Juni 1920. 55
Xenia, Ohio, geboren. Die Eltern waren strenggläubige Presby-
terianer und gehörten zu jener kleinen Gemeinde, welche sich
der United Presbylerian-Kirche nicht anschlössen. Nur wenige
Bücher waren im Hause, und diese waren religiösen Inhalts.
Die Kinder durften an Sonntagen nicht spielen, nicht singen,
nicht reiten und nicht spazieren gehen. Es war nicht erlaubt,
die Schuhe zu schwärzen und wellliche Bücher oder Schriften
zu lesen. Der Sonntag war lediglich ausgefüllt mit religiösen
Übungen und Predigten. Man lebte auf der Farm ein Leben
von spartanischer Rauheit. Als James 10 Jahre all wai, starben
ein Bruder und eine Schwester, die jünger waren als er. Der
Tod der Geschwister machte auf den Jungen großen Eindruck.
Als ihm Verwandte erzählten, daß nur wenige Menschen der
Hölle entrinnen würden, kam zwei Jahre lang kein Lächeln
mehr über die Züge des Knaben. Mit 15 Jahren verlor er die
Mutter, und ein Jahr später trat er in die Hochschule von Xenia.
Er betrieb mit Eifer das Studium der Klassiker, der Physik,
der Geometrie und Literatur, ohne seine religiösen Pflichten
im mindesten zu vernachlässigen. Sein Vater war stolz auf die
Standhafligkeit des Sohnes und hoffte, daß derselbe Priester
würde. Mit 20 Jahren kam der junge James in ein reformiertes
presbyterianisches Kolleg in INorlhwood, Ohio, und besuchte nach
zwei Jahren die Wooster Universität, ein Presbvterianer Institut
in Wooster, Ohio. Mit besonderer Vorliebe warf er sich nun
auf Psychologie, Logik und Rbilosophie. Schließlich entschied
sich der junge Mann für Öas philosophische Lehrfach.
Im Jahre 1877 graduiert, fand er doch nicht die angestrebte
Stellung, da es ihm an einflußreichen Freunden mangelte, und
es begann für James Hyslop ein entbehrungsreiches Leben. Mehrere
Jahre mußte er sich mit Lehrerstellen an Distrikts-Schulen
begnügen, die ihm nur kärglichen Unterhalt eintrugen. Erst als
er als Lehrer in die Akademie von Lake Forest, Illinois, aufgenommen
wurde, besserten sich seine Einkünfte.
Inzwischen hatten ihn* mehr und mehr Zweifel an der Richtigkeit
der bisherigen religiösen Anschauungen gequält, und schließlich
entschied er sich für die Kirche der Uni tarier. Er trug sich
mit dem Gedanken, eine deutsche Universität zu besuchen und
erlernte die deutsche Sprache. Zugleich studierte er das Neue
Testament im griechischen Urtext, um seine religiösen Zweifel
zu lösen. Aber die Zweifel wuchsen und Hyslop stand bald
\ or der Entscheidung, seiner Überzeugung untreu zu werden oder
seinen Vater bitterlich zu kränken, sich »seinen Freunden /u entfremden
und sich alle Wege auf die erstrebten Lehrstellen abzuschneiden
. Es folgte eine Reihe von trüben Tagen. Endlich
kam er zu einem Entschlüsse.
„Ich kann nicht glauben," sagte Hyslop. ,,Ich werde es aufgeben
und die Folgen tragen. Eher werde ich auf jede Lebensstellung
und auf meine Freunde verzichten, als meine .Über-
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