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Walter: Steirische Hexenprozesse.
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Beweismaterial für die Richtigkeit der Schrencksehen Forschungen
erbringen soll.
Wenn diese recht unvollständige Zusammenstellung zu zeigen
vermochte, daß man in anderen Ländern eigentlich nur noch
über das „Wie" der Erklärung dieser seltsamen Phänomene,
nicht mehr aber über die „Wirklichkeit" ihres Vorkommens diskutiert
, so hat sie ihren Zweck erfüllt. Daß jedoch solche Phänomene
hier und da auch bei uns beobachtet werden können,
beweist folgendes Erlebnis: Nach einem Vortrag in Linz stellten
sich mir einige Beamte vor und versicherten, wie sehr ich ihnen
aus der Seele gesprochen hätte, daß sie seit längerer Zeit in
einem kleinen Kreise von Freunden, die durch kein anderes
Interesse als das Streben nach Wahrheit und eigener Belehrung
zusammengaführt seien, experimentierten und selbst schon geahnt
hätten, daß bei diesen Phänomenen keinerlei „Geister" im
Spiele seien, sondern daß es sich hier um eine wissenschaftlich
noch unerforschte „Naturkraft" handeln müsse. Es gelang ihnen
zum Beispiel, in der Mitte des Zimmers beisammensitzend, das
Pendel einer im Gang befindlichen Wanduhr (bei geschlossener
Gehäusetür) plötzlich aufzuhalten und nach Ablauf einer Viertelstunde
wieder in Bewegung zu setzen. — Meine noch in derselben
Nacht in der Privatwohnung eines der Beamten unternommenen
Versuche vermochten zwar (wegen gewisser hemmender
„seelischer" Einflüsse) dieses „starke" Phänomen nicht
zu erzielen; immerhin genügte aber diese Überprüfung, um
festzustellen, daß einer dieser Herren unzweifelhaft „meta-
psychiscbe" Kräfte besitzt. — Hoffentlich gelingt es durch entsprechendes
Training, die seltene, meist ganz unbeherrschbare
Fähigkeit dieses Herrn weiter zu entwickeln und endlich auch
einer „österreichischen" wissenschaftlichen Untersuchung zugänglich
zu machen.
Steirische Hexenprozesse.
Von*Prof. Daniel Walter.
Herr Univ.-Doz. Dr. Byloff, der das steirische Hexenwesen
zum Gegenstand eindringenden Studiums gemacht hat,
and dem das fachwissenschaftliche Schrifttum auch ein größeres
Werk verdankt, in dem er dem Wüten des Hexenwahns in stei-
rischen Landen nachgeht, stellte sein reiches Wissen in einem in
Graz gehaltenen „Urania"-Vortrag in den Dienst der Volksbelehrung
. Er entrollte ein wahrhaft erschütterndes Gemälde
von der Geißel des Hexenbrennens, die einige Jahrhunderte
lang über das unglückliche Land geschwungen wurde, wobei
Tausende auf dem „Trautenherde", bei „gehendem Atem" eingeäschert
wurden. Der Vortragende schloß mit * einer Warnung
vor dem verderblichen, sich seuchenartig ausbreitendien Hexenwahn
unserer Tage, dem Spiritismus mit seinen Medien
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