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88 Psychische Studien. XLVIII. Jahrg. 2. Heft. (Februar 1921.)
von der Gedstererscheimmg gewußt, ja immittelbar nach der Ei-
schednimg sei der damalige Pfarrer S. von D. auf ihr Zimmer gekommen
und habe gesagt: „Ich habe vergessen, den Herren zu
sagen, daß in meinem Expositurhause öfters eine Geistererschei-
nung stattfinden soll. Ich möchte Urnen dies mitteilen, damit Sie
nicht so erschrecken, falls etwas vorkommen sollte." Es wurde
dann dem Pfarrer obiges erzählt, der das gleiche schon erlebt
haben wollte. Auf meinen Zweifel hin versicherte mir der Pater:
„So gewiß ich vor Ihnen stehe und Sie sehe, so gewiß haben ich
und meine Mitbrüder den Geist gesehen. Es war keine Täuschung
. Es war K>9 Uhr abends im Juli, also noch heller Tag.
Ich kann mit meinem Mitbruder selbst eidlich dies bestätigen,
wenn es nötig wäre/* Ein halbes Jahr später 1raf ich den Pater
wieder, imd er erzählte mir das gleiche. — Wir seilen also, daß
die Erzählung, die Pater M. dem Pfarrer T. in A. gab, übernommen
wurde in jene Aufzeichnung im Archiv der Pfarrei in
D. Aber es ist festgestellt, daß Pater M. sich gar nicht unter
jenen vier Missionären von 1891 (oder 1890) befand. Es widersprechen
seinem Bericht auch die Aussagen der noch lebenden
Patres und ebenso der nachher noch folgende wichtige Bericht
des früheren Pfarrers von D., nunmehrigen Paters S., der damals
die Mission in seiner Pfarrei abhalten ließ. Folglich bleibt nur
der Schluß, daß die Behauptungen des Paters M., der am 9. Mai
1914 in N. starb, aus der Luft gegriffen waren. Das ist freilich
für einen Pater wenig rühmlieh, aber es gibt ja auch unter
Männern hysterische Personen, die die Sucht haben, sich interessant
y,u machen, und so mochte Pater M. seine Erzählung aus
dem, was er von Pater B. in R., von Pfarrer S. in D. und vielleicht
noch von anderen Personen über den Spuk gehört hatte,
zusammengefügt haben. Oder sollte Pfarrer T. in A. seine Unterredung
mit Pater M. erfunden haben? Was könnte ihn zu einer
solchen Mystifikation veianlaßt haben? Damit wird aber nicht
etwa die Spukgeschichte als solche hinfällig. Demi es bleibt bestehen
die Aussage des jetzigen dortigen Geistlichen, es kommt
hinzu der Bericht des damaligen Pfarrers S,, den ich nachher sogleich
bringe, es bleiben die Beteuerungen der beiden noch lebenden
Kapuziner und vor allem die Aussage tles Karmeliterpaters
B., der mir nochmals brieflich am 20. November seine mündlichen
Mitteilungen bestätigt mit den Worten: „Ich glaube es, daß es
solche Erscheinungen gibt! Mehr kann ich Ihnen nicht mitteilen.
Was ich gesehen und erlebt, kann ich vor Gott beschwören !4<
Da ich erfahren hatte, daß ein früherer Pfarrer Seh. in D. nach
wenigen Wochen das Spukhaus wiedei verlassen habe. w7andte
ich mich auch an ihn. Er schrieb mir am 17. November, daß er
nun allerdings keinen Geist gesehen, aber daß e? ihm in diesem
Hause vom ersten Augenblick an so unheimlich war, daß er so
viel als möglich sich außer dem Hause aufhielt und im Wald sein
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