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Hänig: Ludendorffs Kriegserinnerungen im Lichte des Okkultismus. 101
fragt sich nur, ob eine solche Reihe nicht, bevor sie sich ausgeschwungen
hat, durch eine Einwirkung von anderer Seite
durchbrochen werden kann. Beides (Entwicklung einer Kausalitätsreihe
nach ihrem Ausgangspunkt und Regelung derselben
nach einem Naturgesetz) kann sich natürlich und wird sich oft
miteinander verbinden (wie sich z. B. eine bestimmte Pflanzenart
nach dem Merkmal der betr. Gattung entwickelt, bis sie nach
dem Gesetz des Alterns der Auflösung verfällt), ja es liegt, wenn
jene Annahme von den Schwingungsgesetzen richtig ist, sogar
die Annahme nahe, daß von vornherein jede Entwicklungsreihe
auf Grund derartiger Gesetze vor sich geht. Auf politischem
Gebiete werden wir als Ausgangspunkt solcher Kausalredhen die
soziale und politische Lage eines Landes, die Regierung usw.,
im Kriege besonders die Beschaffenheit der Heere und die Leitung
anzusehen haben, während an Stelle der Naturgesetze, die
solche Reihen beeinflussen können, hier vielfach soziale Verhältnisse
(z. B. der Kampf ums Dasein) in Betracht kommen.
Wir haben uns also durch Vergleich der einzelnen Voraussagen,
zumal wenn sie eine größere Anzahl von Gliedern enthalten, mit
dem Tatsachenmaterial des Krieges die Frage vorzulegen, welche
das Gewehr fand sich whklhh in diesem Zustande vor, so daß der
Bruder dieser Gefahr entging. Man wird also erst dann von einer
echten Prophezeiung isprechen können, wenn in dem betr. Falle keine
Möglichkeit mehr bestanden hat, auf Grund unserer heutigen Kenntnis
der Kausalverhältnisse und der sonstigen Umstände in dem jeweiligen
Fall die Ereignisse vorauszubestrmmen, und wenn auch eine Vorausbestimmung
durch den Zufall nach der Wahrscheinlichkeitsrechnung
auf ein äußerstes Mindestmaß herabsinkt; es ist natürlich auch hier
nicht ausgeschlossen, daß sich für uns in Zukunft die Möglichkeit
solcher Berechnungen durch Entdeckung neuer Gesetze auf diesem Gebiete
erweitert, wobei besonders auf M. Kemmerich: „Das Kausalgesetz
der Weltgeschichte" verwiesen ,sei. Scharfsinnige Kombinationen
über den mutmaßlichen Verlauf des Weltkrieges, die vor
dem Kriege erschienen sind, sind in dem erwähnten Buche von
zur Bonsen, p. 17, p. 24, p. 42, p. 46, wiedergegeben; noch glücklicher
und deshalb besondere bemerkenswert sind u. a. die Kombinationen
eines Kriegsspicles, auf das ich von einem Amtsgenossen am hiesigen
Gymnasium hingewiesen wurde; es wurde 1911/12 in Dresden verkauft
und hatte folgenden typischen Verlauf: Der Kampf zwischen Deutschland
und Frankreich kommt nicht über die Linie Os-tende—Gent—
Maubeugc—westlich Sedan—westlich Metz—westlich Straßburg hinaus,
Englands Flotte bildete die Vermittlung zwischen dem britischen
Reiche und dem Festlande, die deutsche Flotte, südlich von Helgoland
abgesperrt, vermochte diesen Ring nicht zu durchbrechen, während
die Engländer nicht die Helgoländer Bucht zu erreichen vermochten.
Im Osten kam nach russischem Einfallen in Ostpreußen, meist mit
Hilfe des deutschen 0.stseegeschwaders, die Linie Riga—Dwinsk—
Minsk—Pinsk—Tarnopol—Czernowice zustande; die österreichische
Front in Italien kam nicht über die Linie Belluno—Venedig hinaus.
Auf dem Balkan wurden die Serben und Montenegriner vollständig
geschlagen, während die Rumänen isich mit russischer Hilfe in der
Linie Piatra—Foksani—Galatz hielten. Seekämpfe im Mittelmeer blieben
ohne Entscheidung, die Versuche der Verbündeten, den Durchgang
durch die Dardanellen zu erzwingen, scheiterten.
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