Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
48. Jahrgang.1921
Seite: 104
(PDF, 212 MB)
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104 Psychische Studien. XLVIII. Jahrg. 2. Heft. (Februar 1921.)

iiad Ursachengesetz als Urteile a priori, als reine Araschauungs-
formen, ansieht, unhaltbar sei, auch offenbar durch die Ein-
steinscheRelativitätslehre in Frage gestellt werde. Nun hat diese
meine Anschauung eine Stütze und Bestätigung von einer ganz
unerwarteten Seite erfahren. Carl Ludwig Schleich, der bekannte
Berliner Chirurg und Philosoph, der im übrigen Kant als einen
der größten Philosophen aller Zeiten feiert und verehrt, kommt
in seiner neuesten Schrift „Bewußtsein und Unsterblichkeit"
(Deutsche Verlagsanstalt 1920) insbesondere auf Grund praktischer
Erfahrungen und Feststellungen bei der Narkose, die er
vielfach zum Zweck der Beobachtung auch an sich selbst vollziehen
ließ, zu dem Ergebnis, daß die menschlichen Bewußtseins-
schichten in ganz bestimmter Reihenfolge ausgeschaltet wrerden in
der Narkose, und zwar genau in der umgekehrten Reihenfolge
ihrer entwicklungsgeschichtlichen Entstehung. „Nun ist es interessant
", führt er S. 48/4 aus, wenn man narkotisiert wrird, zu beobachten
, daß die ersten Schichten, die gehemmt werden, diejenigen
sind, welche die Begriffe von Raum und Zeit übermitteln.
Die Orientierung der Zeit wird zuerst attestiert, der Raumbegriff
verschwimmt, dann kommt die Kausalität — Ursache und Wirkung
. Hier haben wir schon ein merkwürdiges Resultat, welches
scharf kontrastiert mit der Philosophie Kants. Kant hat die
Kritik der reinen Vernunft aufgebaut auf den sogenannten vorgestellten
a priori-Begriff, den wir besitzen, mit dem wir gleichsam
geboren werden. Ein Mißverständnis kann entstehen, wenn
man annimmt, daß die a priori-ßegriffe zu tiefst in den
Menschengeist eingewurzelt sind, gleichsam in unsere Geistessubstanz
; und nun beweist die Narkose, daß Raum und Zeit zu
den sehr jungen Sprossen des Gehirnbaumes gehören. Ich
möchte nebenbei darauf hinweisen, daß diese Tatsache eine
sonderbare Spiegelung in Einsteins neuer Theorie erhält, in der
auch eine geheime Attacke gegen den bisherigen Raum- und Zeitbegriff
sich vorbereitet."

Es scheint mir das überaus beachtlich und ein Beweis, wie
nötig es ist, über die Kantsche Erkenntniskritik hinauszuwachsen,
die man vielleicht als überscharf, als das pulsende Leben unzulässig
zergliedernd, und es einspannend in einen seinem tiefsten
Wesen fremden Rahmen, den Rahmen der absoluten Mathematik,
und deshalb naturgemäß ihm nicht gerecht werdend, bezeichnen
kann und muß. „Wir haben hier zwei große Weltanschauungs-
möglichkeiten, die Newtonsche mathematische, englische Weltbetrachtung
, und die echt deutsche, sich einträumende, phantasieversunkene
Weltanschauung eines Goethe, der in das volle
blühende Leben hineinsah und von den Gesamterscheinungen des
Lebens selbst ausgeht..(Schleich a. a. 0, S. 62.) Kein Zweifel,
auf welche Seite wir uns zu stellen haben, und wo die tiefere
Wahrheit liegt. Ich hoffe, daß in Anbetracht der Bedeutung der


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