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Kurze Notizen.
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fassung der materialistischen Physiologie, wonach der Mensch
lediglich als ein „Komplex vou Zellen" zu betrachten sei. Mag
man es nennen wie immer, jedenfalls steht über dem Menschen
etwas, das sein Leben leitet. — Der zweite Vortrag befaßte sich
in überaus eingehender Weibe mit den Problemen des Unterbewußtseins
, den halbwachen Zuständen wie Schiummer, Halbschlaf
, Trance, ferner mit Genialiiät und Irresein. Dabei wurde
festgestellt, daß es sich bei den Träumen um eine eigenartige
Tätigkeit der Seele handelt unter Ausschaltung der Verstandeskontrolle
, die in einer Symbolisierung von Unter bewußtseins-
erlebnissen besteht. Besonders während des Krieges haben sich
viele Menschen in einem hypnoiden Zustand befunden, lu
diesem Zusammenhang sprach sich Dr. Böhm für eine richtig angewandte
Psychoanaly&e atis, die in Deutschland durch die einseitige
Freudsche Theorie in Mißkredit gekommen sei. Den
zweiten Teil des hochinteressanten Vortrages füllte eine Reihe
von Rezitationen von formvollendeten Gedichten aus, die in der
Hypnose zustande gekommen waien. Hat das Bewußtsein dir
Kontrolle verloren, so wird der Betreffende mit Ideen überschüttet
. Hier beginnen die geistigen Störungen, wie sie bei
Nietzsche, Schumann, Heine wahrzunehmen waren. Der Redner
kam zu dem Ergebnis, daß die Seele es ist, die den Körper beeinflußt
. Herzlicher Beifall war der Dank für die streng wissenschaftlichen
Ausführungen. („Stadtanzeiger für München",
Nr. 230 vom 10. Dezember 1920.)
f) Erklärung. Zu dem Artikel „Spiritismus oder Telepathie"
(Jan.-Heft der „Psych. Stud.", S. 50) teile ich folgendes mit: Der
Einsender des Artikels, Herr Groskopf!, unterscheidet die Phantome
Sterbender und Verstorbener. Daß in vielen Fällen
darin ein großer Unterschied liegt, ist mir aus reichlicher Erfahrung
nicht bekannt, auch berichtete mir ein einfacher Mann, der beides
sah, daß das Phantom des ihm sich zeigenden Sterbenden ebenso
aussehe, wie nachher das des betr. Verstorbenen. — Anschließend
folgendes Ereignis, das wohl nicht auf Täuschung oder Halluzination
beruht. Meine Eltern erzählten es mir in diesen Weihnachtsferien
. Ein in meiner Vaterstadt Wolgast wohnhafter
Handwerker war im Sommer 1920 verstorben. Meinen Gewährsleuten
war er als ein ordentlicher Mann bekannt. Im Herbst .
v. J. soll er seiner Frau zweimal erschienen sein und zwar am
hellen Tage gegen Mittag. Die Zeugin macht auf mich einen
durchaus ehrlichen Eindruck; sie schien keinesfalls nervenüberreizt
zu seüi. Sie wünschte aber nicht, daß darüber gesprochen
würde und erzählte alles mit der größten Bestimmtheit meiner
Kusine, die es mir ziemlich wörtlich, mitteilte. Das Phantom
kündigte sich au durch Geräusch, kam dann in die Stube und
ging hierauf gegen das Bett seines Kindes hin. Es war gekleidet
wie bei Lebzeiten. (Arbeitskleidung.) Es strömte eine anffal-
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