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158 Psychische Studien. XLVIll. Jahrg. 3. Heft. (März 1921.)
\&erde der Visionär in einem einsamen Gebirgstale finden, wo
er von Räubern erschlagen werde. Auch den Boxeraufstand will
er auf diese Weise vorausgesehen haben. Nach Dr. Bennert berichtet
Prof. Zurbonsen (Gedankenkraft p. 205), daß nach dem
Berichte de® apostolischen Vikars von Südschantung, Bischof
A. Hennighaus, aus Jentschoufou vom 20. Okl. 1914 tatsächlich
13 Patres und 3 Brüder von Sehantung nach Tsingtau geeilt sind
und dort mit eingeschlossen wurden, unter ihnen auch jener
Seher, dessen Bericht wir wiedergegeben haben. Tsingtau fiel
am 7. Nov. 1914 in die Hände der Japaner, unter den Gefangenen
wa^en auch die Patres, die nach .Japan gebracht wurden.
Es liegen also hier alle Merkmale einer echten Vision voi\
da in der Nachricht vom 31. Jan. 1912 tatsächlich alle Ereignisse
bis über den Fall Tsingtaus im Jahre 1914 hinaus richtig
angegeben sind und auch kein Grund vorliegt, an der Ehrlichkeit
des Paters hinsichtlich seiner Angaben vor jenem ersten
Datum zu zweifeln, obwohl hielt immerhin der Einwand gemacht
werden könnte, daß hier unbewußt tatsächlich eingetietene
Ereignisse (der Pater erzählt nur, ohne daß wir wissen, ob er
jene Vision sofort aufgeschrieben hat) sich mit dem Berichte von
der stattgefundenen Vision vermischt haben, was abfr immerhin
durch einen Vergleich mit dem wirklich eingetroffenen Teile der
Vision (also den Ereignissen von 1912 bis über 1914 hinaus) nicht
eben wahrscheinlich ist. Dr. Dennert bemerkt mit Recht, daß
sich der Pater nur in zwei Punkten geirrt habe: ei gibt statt 1914
die Zahl 1912 an und spricht von einer Flucht, während er in
Wirklichkeit gefangen nach Japan gebracht worden ist. An sieh
kennten sokhe Versehen leicht erklärt werden: der Betreffende
hat im zweiten Falle einfach die Überfahrt als das zunächst
Liegende, nämlich als abermalige Flucht gedeutet, während es in
Wirklichkeit eine von anderer Seite erzwungene Veränderung war,
und er hat im ersleren Falle einfach falsch beobachtet, wobei er
sich vielleicht (wir wissen leider nicht den genauen Inhalt aller
Wahrnehmungen) durch ein nicht lange vor 1912 stattgefundenes
Ereignis, das er ebenfalls sah (der Kirchenbau?) und dem sich
jene Flucht anschloß, ohne daß wesentliche Ereignisse dazwischen
lagen, verleiten ließ, diese letztere ebenfalls in diese Zeit zu
setzen.*) Diese Versehen sind hier für * uns das Bemerkenswerteste
; .sprechen sie mehr für jene erste Auffassung der
Prophezeiung (die Ereignisse in Zeit und Raum in Wirklichkeit
*) Nahe liegt es übrigens, einen Zusammenhang zwischen beiden
Daten herzustellen (Erzählung vom Januar 1912 und Ansetzung der
Flucht auf den Juni d. J.), wobei man schließen könnte, daß diese Zahl
doch nachträglich von dem Pater in den Bericht seiner Vision hinein-
-gebraeht worden ist: er erzählte seine Vision Anfang 1912, als er mit
dem Kirchenbau noch nicht ganz fertig ist, und er .setzt die Flucht
nachträglich auf den Juni d. J., da er in der Vision sieht, daß er den
Bau unvollendet lassen muß und daraus schließt, daß die Flucht nicht
lange nach dem Anfang des Jahres geschehen sein müsse.
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