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166 Psychische Studien. XLVIIL Jahrg. 6. Heft. (Mai/ 1921.)
jeden vintelle'ktuellen Einschlag" das, was Frl. v. B. wahrnahm,
beschrieben wird; so gut die Situation auch dem rein sinnlichen
Gindruck nach beschrieben wird, erkannt wird sie trotzdem nicht;
abgesehen davon, daß eben doch vielleicht vielfach die letzt«*
Klarheit und Schärfe der Wahrnehmung fehlt, scheint in dem
Zustande des Sehens, der äußerlich vom Wachzustände nicht
unterschieden ist, doch eine gewisse Ausschaltung der kombinierenden
Fähigkeiten stattzufinden. In andeien Versuchen wurd^
W. mit einer ungewöhnlichen Kopfbedeckung, am Schreibtisch
usw. beschrieben. — Auch über mikroskopische Präparate machte
sie Angaben, die trotz der laienhaften Beschteibung einwandfrei
au? das jeweilige Präparat bezogen werden konnten. Schließlich
leistete sie auch Vorzügliches bei den sog. psychometrischen oder
psychcskcpischen Versuchen, indem sie an Hanl von Gegenständen
Aussagen über deren Schicksal machte, die nur auf außer-
sinnlicliem Wege zustande gekommen sein konnten. Diese Versuche
weisen auf eiu Sehen in die Vergangenheit hin, wenn man
nicht wie neuerdings Prof. Oesterreich, zur Erklärung eine fast
universale Telepathie heranziehen will.
Im ganzen berichtet Wasielewski über KM) Hellsehversuch<\
die zum allergrößten Teil ein positives Ergebnis hatten. W»e man
sieht, hat man es mit einem sehr begabten Medium zu tun, das
außerordentlich sicher und mit wenig Versagern arbeitete, und
dazu — was man auch als Voizug buchen darf — im Gegensatz
zu anderen Versuchspersonen nicht im spiritistischen ldeenkrei>
lebt; .niolgedessen spielen sich die Versuche ganzlich unmystisch
ab und sind infolgedessen gerade geeignet, auch viele spiritistische
Versuche in anderem Licht erscheinen <zu lassen. In
einem psychometrischen Versuch z. B. beschreibt sie den verstorbenen
früheren Besitzer eines Gegenstandes, und zwar so
treffend, daß sie aus einer Anzahl Photographien, die der Beschreibung
etwa entsprachen, alle zurückwies bis auf zwrei, zwischen
denen sie die Wahl nicht treffen konnte, die in der Tat
greße Ähnlichkeit hatten, und von denen eine wirklich den früheren
Eigentümer darstellte. Denkt mau an die Vorkommnisse in
spiritistischen Sitzungen, in deren das Medium oft angibt, ein"
Gestalt zu sehen, die es dann auch beschreibt und die nach Angabe
eiues Anwesenden die eines verstorbenen Verwandten sein
müsse, so wird man die Ähnlichkeit der beiden Vorkommnisse
nicht vei kennen. Der Unterschied scheint mir nur darin zu bestehen
, daß ein Medium in spiritistischer Umgebung sein auf übernormalem
(hellseherischem oder telepathischem) Wege erlangte»
Wissen gemäß einer medialen Eigenheit leicht zu einer scheinbar
objektiv-realen Erscheinung ausgestalteil wrird.
Berücksichtigt man dabei noch, daß die einfachen Beschreibungen
oft doch recht unbestimmt und viel weniger exakt sind rfK
die Identifizierung mittels der Bilder, so wild man zugeben, daß
der Forscher berechtigt, ist, derartige Vorkommnisse in spiri-
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