Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
48. Jahrgang.1921
Seite: 175
(PDF, 212 MB)
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Luppert: Sensibilität oder Willenskraft?

175

Sensibilität oder Willenskraft?

Von Ottomar Luppert, München.

Iis dürfte zur Genüge bekannt sein, daß der Soldat während
dos Felddienstes im letzten Kriege, infolge der ständigen Ueber-
forderung seiner Kräfte, mit der Zeit auf einen Gleichgültigkeitsstandpunkt
kam, der es ihm ermöglichte, sich gewissermaßen
mit allen Möglichkeiten des Schicksals abzufinden. Diese fatalistische
„Einstellung", wie man sie vielleicht nennen könnte,
wt.rde nur eiugesemankt durch ein beständiges „auf der Lauer
sein" nach Vei änderungsmöglichkeit. Veränderungen waren
daher immer erwünscht, besonders bei den „Alten", gleichviel
welcher Art diese waren, denn man erhoffte sich immer etwas
Besseres, in dem tapferen Glauben daran, daß die augenblickliche
Lage immer die unangenehmere war.

Eine der häufigsten Veränderung* möglk'hkeitenkk war die
Verwundung. Es läßt sich denken, daß beim friedlichen Zusammensein
gerade diese Möglichkeit von solchen, die es „satt" hatten,
oft besprochen wurde und häufig geradezu der Wunsch zum Ausdruck
kam, einmal „Eins nmifzabekommen". Die Leute hatten
4ch dabei schon längst mit der Sache abgefunden und hofften
gewissermaßen auf eine Erfüllung dieses ihres Wunsches.

Mich persönlich, der ich der ganzen Angelegenheit aus rein
persönlichen Giünden elwas abseits stand, überkam bei diesbezüglichen
Reden immer ein leichtes Gruseln, so ein ganz eigenartiger
Nervenkitzel, dessen Ursache heftige, stechende Empfindungen
im Kopfe waren.

Mit dem Ausdruck „Verwundung" verband sich nämlich bei
mir stets die intensive Voi^tellung einer klaffenden Wunde und
zersplitterter Knochen, so daß mir der Gedanke daran immer
eine gewisse Pein verursachte. Ich schalt mich im stillen häufig
/ einen Feigling, um von derartigen Eindrücken loszukommen, hatte
aber dabei nur sehr mäßige Erfolge zu verzeichnen. Dabei
konnte ich diese Empfindungen oft stundenlang nicht los werden,
\va?> zur Folge hatte, mich dem Gedanken der Verwundung keineswegs
sympathisch näherzubringen. Ich konnte mir nämlich
nicht gut vorstellen, wie eiu in die Gliedmaßen eindringendes
Geschoß gerade) nur die Muskelteile \eiietzen sollte, während
der Knochen verschont blieb. Viel wahrscheinlicher war mir
die Möglichkeit, daß gerade der wertvollere Teil der Gefahr preisgegeben
wai. An meiner eigenen Person bemessen, mußte ich
diese Annahme nur bestätigen, denn ich war sehr selmig und
deshalb von ziemlich schlankem Körperbau.

Diese Umstände versetzten mich drastisch gesprochen in eine
*ehr unangenehme Lage, verstärkt dadurch, daß neben dem Moment
der Gefahr sich bei mir auch noch die Vorstellung leise
eingeschlichen hatte, daß diese Möglichkeit bei mir ebenso eintreten
konnte, wie es bei tausend anderen bereits der Fall gewesen
war.


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