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180 Psychische Studien. XLV1II. Jahrg. 3. Kofi. (März 1921.)
gesamte Inhalt der Prophezeiung des Kriegs Verlaufs wurde an*
27. Jan. 1920 in der *J). 0. G." voigebrachl. Der Unterzeichnete
raahm die Gelegenheit wahr, über diese Angelegenheit beim Bruder
des Visionärs, Herrn Wirkt. Geheimrat Curt von Gillhausen,
vorher Erkundigungen einzuziehen. Der Bericht seines im Kriege
gefallenen Bruders „Guido v. G." liegt mir gedruckt vor und
entspricht genau dem Wortlaut des Berichtes in deti
„Psych. Stud." Seite 39;4ü. Meine Vorlage enthält jedoch nocii
folgende Anmerkungen: „Nachtrag: Die Niederschrift wurde
im Herbst 1915 vom Prinzen Friedrich Wilhelm geöffnet und dem
Major im 3. Garde-Regt. Guido von Gillhausen zurückgesandt.
Feiner: „Zusatz des Testamentvollstreckers vom
16. Mai 1918. Major v. Gillhausen starb am 2. 5. 18 an seinen
schweren bei Villers Bretoimeux 24. 4. 18 erhalteuen Verwundungen
. Beim Ordnen des Nachlasses wurde vorstehende Niederschrift
(d. i. die i. d. Psych. Studien abgedr.) in einem versiegelten
Couvert am 10. Mai 1918 von den Testamentvollstreckern im
Schreibtisch des Verstorbenen gefunden «und für Nächststehe&de
in Druck gegeben. Für die Richtigkeit: Curt von Gillhausen,
Oberst ä 1. s." Herr Geh. Rat v. G. war so liebenswürdig, schon
seinerzeit den Unterzeichneten zu berechtigen, vorstehende und
nachfolgende Bekundungen nach Belieben zu veröffentlichen. leb
gebe daher noch bekannt: Die Vision ist bereits in den ersten
Tagen der Mobilmachung in der Wohnung des Guido v. G. in
Charlottenburg ei'folgt und in de* veröffentlichten Form niedergeschrieben
worden. Nach meinen Prötokollnotizen v. 21. 1. 1920
sagte sein Bruder Curt v. G .mir gegenüber noch foJgendes aus:
,,Nichts deutete darauf hin, daß mein Bruder sich vor den Tagen
der Vision pessimistischen Vorstellungen über den Ausgang des
Krieges hingegeben habe. Die Vision sei also nicht als eine
Wiederspiegelung solcher Vorstellungen zu erklären. Der Verstorbene
sei als eine Künstlernatur, als Dichter und Musiker, bekannt
, auch, daß er in seinen dichterischen Vorträgen während
der Kriegszeil das deutsche Kaisertum und den Siegeswillen des
deutschen Volkes verherrlicht habe. Und so ging er stets mit
Freude, Begeistemng und Sieyeswillen in den Kampf. Sein
Diener, der mit seinem Herrn in bestem Einvernehmen stand,
schildert ihn als einen Menschen, der oft, schon in Friedeüszeiteiu
besonders kurz nach dem Aufstehen, frühmorgens, an seltsamen
Zuständen litt In solchen hatte er verglaste Augen, sprach und
antwortete auf Fragen nicht. Er schrieb dann seine Visionen niederT
deren er viele hatte. — Er lebte in jeder Hinsicht asketisch und
war afchcld allen unästhetischen Unterhaltungen. — Der Verstorbene
war hinsichtlich seiner hellseherischen Veranlagung eine
nicht sehr mitteilungsbereite Peinlichkeit, so daß sogar sein
Bruder leider nichts über seine sonstigen zahlreichen Visionen
mitzuteilen vermag" Ich möchte hierzu noch bemerken: Wie
eine nachträgliche „gemachte" Dichtung sieht die ganze Geschichte
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