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Literaturbericht.
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über die „Prophezeiungen zum Weltkrieg" und über „Das zweite Gesicht
" rühmlich bekannt, wurde durch Leser let terer Srhrift zur
Herausgabe neuerer, ihm in den letzten Jahren zugegangener Originalberichte
veranlaßt, die „gerade in unserer tieferschütterten Zeit mancher
ernsten besinnlichen Natur zur Einkehr im stillen Geheimnisreich
der Seele willkommen sein möchte." Jenseits aller Materie, sagt
Verf. in der Einleitung, liegt das Wunderlaud der Menschenseele, die.
auf den Schwingen geheimnisvoller Kräfte aus den Niederungen erd-
hafter Beschränktheit über Raum und Zeit wandelnd, plötzlich emporsteigt
, so daß, whs traumartig unfaßbar erschien, Leben und Wirklichkeit
wird. Dieses „Wetterleuchten der menschlichen Seele" wird leider
noch immer von Aberglauben und Dilettantismus umhergezerrt, aber
die Erkenntnis, daß doch „etwas daran ist", bricht sicn in den Kreisen
ernsthafter Forscher immer mehr Bahn, und das Wort „Okkultismus"
beginnt den minderen Klang, den es, ncnt bloß bei der zünftigen
Wissenschaft, solange gehabt hat, allmählich zu verlieren, indem sich
der ExperimentalPsychologie eiu reiches Arbeitsfeld eröffnet. Die Original«
berichte, in denen das „Vorgesicht" fast durchweg auf den Tod als das
Letzte auf Erden verweist, stammen fast durchweg aus gebildeten Kreisen
und die Urteilsfähigkeit und Glaubwürdigkeit der Berichterstatter erscheint
dem unbefangenen L^ser über jeden Zweifel erhaben. Da die
Aussigen fast nur selbsterlebte oder miterlebte Fälle betreffen, haben
sie einen ganz besonderen persönlichen Reiz; sie sollen Zeugnis davon
geben, daß es doch noch etwas anderes gibt, als den sinnlich wahrnehmbaren
Stoff, und daß nur ein metaphysischer Nebenbegriff
solche Tatsachen erklärbar macüt, mit anderen Worten: daß die menschliche
Seele übersinnlicher, geistiger Natur und darum unzerstörbar
und unsterblich ist. Das Lesen dieser Sammelschrift bereitet jedem
Denkenden hohen geistigen Genuß. Fritz Freiinar.
Das „Attentat" an Professor Wagner-Jauregg. Die Wahrheit über das
hypnotL^che Experiment von Walter Senn. Wien 1921. 16 S. Preis
10 Kronen, Verlag von Job. L Bondi u. Sohn, Wien, Zollergasse 17,
Walter Senn, recte August Grundmann, Wien XiiI, Linzerstr. 233/17.
überzeugter Anhänger des berühmten Berliner Chirurgen und Philosophen
, Geheimrat Prof. Dr. Carl Ludwig Schleich, hatte die Ergebnisse
seiner Experimente, wonach die Hysterie eine Perversion
der Phantasie, imstande ist, nicht nur die Blutfunktionen, sondern
auch Knochen- und Drüsenfunktionen u. v. a. abzuändern, dem Hofrat
Wagner-Jauregg zur Begutachtung vorlegen wollen. Seit 18 Jahren
hat feien Verf. theoietisch und praktisch mit Hypnotismus befaßt, hir4t
darüber zur Aufklärung des Publikums Vorträge in Vereinen und gab
Flugblätter heraus, besonders über Psychotherapie. Er bildete im
August 1920 das 1 südslavische Medium „Mia Osia", Tochter eines
invaliden Obersten, zur Traumtänzerin aus; er vertat mit Prof. Wagn r-
Janregg die Ansicht, daß ein hypnotisches Verbrechen bei einer
moralisch gefestigten Person durch bloße posthypnotische Suggestion
nicht zur Ausführung gelangen wird, während durch Einschalten
einer bestimmten Suggestion dieser Widerstand gebrochen und eine
verbrecherihehe Neigung erzeugt bzw. zur Auslösung gebracht werden
kann, wovon er dem berühmten Psychiater am 7. Nov. Mitteilung
machte und ein geeignetes Medium zu senden versprach, das mit einer
ungefäh liehen Waffe ein solches Scheinverbrechen an ihm selbst oder
einer Person seiner Umgebung au führen sollte. Aus den Protokollen
der hypnotischen Sitzungen mit .dem genannten Medium am 11. und
12. Nov. vor. J. geht hervor, daß dieses sich dann tatsächlich mit ge-
• ladener Pistole in die Klinik des Professors begeben sollte. Dort
nicht zugelassen, ging die junge Dame in seine Privatwohnung und
drückte die Pistole, die aber versagte, auf ihn ab, weshalb letzterer
sie als irrsinnig in Polizeigewahisam bringen ließ. Verf will das
Experiment als eine „Aktivpost in der Erforschung des hypnotischen
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