Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
48. Jahrgang.1921
Seite: 216
(PDF, 212 MB)
Bibliographische Information
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216 I^ychischc Studien. XLVIII. Jahrg. 4. Hch. (April 192t)

der Tiefe kommende Gefühlsregungen handeln soll. Denn sie
wurde durch die Auffüllt ung nicht von ihren Wellgefühlen abgelenkt,
pcndern niu noch tiefer in sie hineingeführt, und zwar so sehr, daß
sie schon während des ersten Aktes in Tränen ausbrach und nach
dem Aktschluß das Theater verlassen mußte. Wie sehr sie auch
bemüht war, dio Ursache ihrer Trauer zu erkennen, so kam sie
doch zu keiner bestimmten Vorstellung, ja nicht einmal zu einer
Richtlinie, welche sie auf einen mehr oder weniger deutlich umschriebenen
Ursachen kreis hingewiesen hätte. Sie wußte nur das
eine gewiß, daß irgendwo in der Welt etwas Schweres vorgekommen
sein müsse, von dem sie unmittelbai berühr* sei. Was das
aber sei, wußte sie nicht einmal in der Form einer vagen Ahnung
zu sagen. Doch war das Erlebnis so stark und außerordentlich für
sie, daß sie sich sofort »ach ihrer Heimkehr einen genauen Aufschrieb
davon machte. Bald darauf stellte es sieh dann heraus,
daß die Zeiu nach dem ersten Aktschluß die Todesstunde ihres
Vaters gewesen war. Bei dem stark entwickelten Gefühlsleben
der Dame ist es eine Selbstverständlichkeit, daß die Todesnachricht
einen tiefen, nachhaltigen Eindruck auf sie machte.

Sie betete häufig für ihren Vater und gab dabei dem
Wunsche Ausdruck, er möchte sich ihr doch noch ein einzigesmal
zeigen. Aber nahezu ein Vierteljahr verging, ohne daß sie auch
nur von ihm träumte, geschweige denn, daß sein Bild während
ihres Wachbewußtseins vor sie getreten wäre. So kam der Februar
heran, ohne daß sich bei der Dame die Trauer um den Vater gemildert
hätte, dessen Verlust sie vielleicht auch deshalb so
schmerzlich empfand, weil allem Anschein nach in ihrem ehelichen
Leben nicht alles so war, wie es sein sollte. Sie hatte zuweilen
tiefergehende Verstimmungen mit ihrem Mann, die nicht zur
Wiederaufheiterung ihres Gemütes beitrugen, sondern weit eher
dau Gegenteil bewirkten. Während des Februars kam es wieder
einmal zu einem solchen ehelichen Verdruß, der zur Folge hatte,
daß der Mann trotzig die Wohnung verließ und sich in irgendeine
Gesellschaft begab. Die Frau war von der ehelichen Szene sehr
erregt und gab »sich bis gegen 11 Uhr abends unter Tränen ihrem
Schmerze vollkommen hin. Als «sie allmählich die Herrschaft über
ihre Gefühle wieder gewonnen hatte, ging sie zum Bücherschrank
und nahm ein Buch heraus, um zu lesen und s/ich zu zerstreuen.
Denn sie hatte sich vorgenommen, nicht zu Betto zu gehen, bevor
ihr Mann nicht wieder zu Hause war. Sio war denn auch bald von
dem Inhal1; des Buches vollkommen gefesselt und las mit Interesse
zwei Stunden lang. Gegen 1 Uhr vernahm sie plötzlich im Korridor
ein Geräusch. Es war wie wenn jemand die Tür geöffnet hätte
und eingetreten wäre. Sie hörte deutlich Tritte auf dem Teppich
und dachte, es wäre ihr Mann. Obwohl die Tür zum Korridor
offen stand, wandte sie sich aber doch nicht um, weil sie von ihrem
Mann erwartete, daß er sie zuerst anrede. Da aber die Anrede
aueblieh und auch kurz daraul wieder vollständige Stille herrschte,


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