Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
48. Jahrgang.1921
Seite: 218
(PDF, 212 MB)
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218 I\sychi»che Studien. XLYill. Jahrg. 4. Heft. (April 1921.)

hereingekemmen waren. Während ihres Weggehens waren alle
Einzelheiten der Rückseiten der Gewänder deutlich unterscheidbar
, wie das Mädchen ausdrücklich bemerkte. Als die Gestalten
weggegangen waren, erhob sie sich vom Bett und ging ins Schlafzimmer
ihres Bruders, um diesen von dem Vorgefallenen in
Kenntnis zu setzen. Dieser teilte ihr hierbei mit, daß auch er den
der Erscheinung vorausgegangenen Lärm gehört habe. Auf die
Frage, warum er nicht aufgestanden und zu ihr gekommen sei,
habe er geantwortet, er habe geglaubt, sie schlafe schon und habe
sie nicht erschrecken wollen. Gesehen hatte der Bruder nichts.
Auch die Mutter hatte, wie sofort festgestellt wurde, das Gepolter
gehört Auf die an das Mädchen gerichtete Frage, woher sie den
Heiligen so genau kenne, daß sie ihn mit Namen zu nennen vermöge
, verwies sie auf Lionardo da Vinei's „Abenfdmahl", das in
ihrer Stube hing und auf welchem unter jedem einzelnen Apostel
dessen Name verzeichnet steht. Als ich sie darauf aufmerksam
machte, daß dieses Bild erst im letzten Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts
entstanden sei und daß die Apostel- oder Heiligenfiguren
auf dem Bild nicht porträtiert, sondern von dem Maler
frei erfunden oder nach zeitgenössischen Modellen gemalt worden
seien, stutzte sie einen Augenblick und wurde dann unwillig, daß
ich mich anheischig gemacht hatte, ihren frommen Selbstbetrug
zu zerstören. „Nun," meinte sie, „das ist mir einerlei, ich glaube
nun einmal, daß mir der heilige Thomas erschienen ist/'

Wenn man die beiden Erlebnisse, die «ich hier geschildert habe,
miteinander vergleicht, so findet man, daß sie darin übereinstimmen
, daß beide Male Verstorbene erschienen sein sollen. Eine
charakteristische Ähnlichkeit zeigt sich auch darin, daß der Ge-
siebtswabrnehmung in beiden Fällen eine Gehörswahrnehmung
voranging. Diese Stufenfolge des Eintritts einer Erscheinung ist
überaus häufig und kann geradezu als typisch bezeichnet werden.
Ich zw eifle nicht, daß das Eintreten durch die Tür und das Gehen
auf dem Teppich im ersten Fall auch von anderen Personen gehört
worden wäre, wenn sie zugegen gewesen wären, wie im
zweiten Falle das Gerassei auch von dem Bruder und der Mutter
der Visionärin gehör', worden ist. Dieser Umstand legt die Vermutung
nahe, daß es sich in beiden Fällen^nicht um eine gewöhnliche
Halluzination, sondern »um eine Realvision gehandelt hat.
Dafür spricht auch die unvollkommene Ausbildung der Gestalt
im ersten Falle, die sehr häufig vorkommt und eine Folge von
Kraft- oder Stoffmangel zu sein scheint, wenn man diese Bezeichnungen
für eine ihrem Wesen nach gänzlich unbekannte und unerklärbare
Sache überhaupt gebrauchen will. Da beide Male eine
kurz zuvor verstorbene Persönlichkeit erschien, liegt der Schluß
nahe, daß die Erscheinungen auch ihrean innersten Kern nach das
waren, was sie darstellten, d. h. reale Erscheinungen Verstorbener.
Aber diese Schlußfolgerung wird sofort wieder sehr in Frage gast
elic durch das Miterscheinen des , Heiligen" im zweiten Falle,


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