http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1921/0241
Nordberg: Die okkultistische Bewegung in Deutsch-Oesterreich. 237
Hypnotismus, die größte Gefahr für Religion und Sittlichkeit und
deshalb von der Kirche direkt verboten, über das Wesen dieses
Geislerverkehrs, über dessen Wirklichkeit, Mißbrauch und
Schwindel ließen sich Bücher schreiben und sind Bücher geschrieben
worden. Es wird einmal die Zeit kommen, da vom
Hypnolismus und Spiritismus das Wort der HeiJigen Schrift gellen
wird: „Falsche Propheten werden aufstehen; und die werden
Zeichen und Wunder tuu, daß selbst Aaserwählte in Irrtum geführt
werden."
Der Herr Professor kennt den SpiritismoiB jedenfalls nur au>
der Schundliteratur. — Von den streng wissenschaftlich angestellten
Versuchen moderner Wissenschaftler hat er keine Ahnung.
— Er sieht in allen okkulten und mediumietischen Erscheinungen
nur Geister und Dämonen. — Er weiß auch nicht, daß bedeutende
katholische Gelehrte und Geistliche wie Prof. Dr. Ludwig von der
Hochschule in Preising, der Theologe Prof. Dr. Walter, der katholische
Schriftsteller Bnmo Grabinski und noch viele andere im
Dietnste der okkultistischen Bewegung stehen und aufklärend
wirken. Professor Scheidle, der nur das Zerrbild des Spiritismus
kennt, ahnt nicht, welche gewaltigen Kräfte uns der Okkultismus
offenbart. — Nehmen wir einmal die Materialisations-
erscheinungen, den Vorgang der sogenannten materiellen Ideo-
plastie. — Die Materialisationen oder Hervorgestaltungen aus dem
medialen Organismus beweisen schlagend die Richtigkeit des
aristotelisch-thomistischen Gedankens, wonach die Seele Ge-
staltungskraft besitzt, die Wesensform des Leibies ist — Sie ist
nicht an den Körper gebunden, beherrscht ihn vielmehr, vermag
jfanze Zellverbände aufzulösen und die Materie des Körpers in
einen andern Aggregatzustand zu verhandeln. Nicht wuchtiger
könnte der Materialismus geschlagen werden. -
Und anstatt diese Erkenntnis, die aus der »viNsenschaftlich-
okkultistischen Forschung sich ergibt zu unterstützen, bekämpft
man sie mit den unflätigsten Waffen.
Was aber Dekan Ender von Dornbirn sich geleistet hat, dürfte
wohl einzig dastehen. Dieser machte eine Eingabe an die
Landesregierung, in der er ein Verbot für okkultistische Vorträge
forderte. — Und die Vorarlberger Landesregierung willfahrte
dsm Ansuchen des Dekans. Soweit ist es mit dem Hechte
der freien Meinungsäußerung in der Republik Deutsch-Österreich
gekommen! — Möge alle Welt von diesen traurigen Zuständen,
die an das Hexenwesen von einst erinnern, wissen.
Auch in Wien hat es nicht an ernsten Versuchen gefehlt, die
(ieistesfreiheit zu beschränken. — Im „"Wiener Journal** haben
einige Materialisten offen ein Verbot für okkultistische Vorträge
gefordert. — Nur die Ärzte sollten das Recht haben, über diese
Dinge zu sprechen. — Da waren in der Monarchie noch goldene
Zeiten! Da ist die Redefreiheit keinen Einschränkungen unter-
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1921/0241