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Colsman: Leib und Seele im Kosmos der Welt. 24$
stoffliche Leib auch der Träger der Seele nach dem Tode ist.
worüber unten noch einiges zu sagen sein wird.
Ist dem aber so, so liegt es hinsichtlich der Aktualitätslehre
folgendermaßen:
Wäre in ihrem Sinne die Seele nichts wie „das Innen'* des
*robstofflichen Leibes, so müßte sie bei dessen Vernichtung oder
Zerfall naturgemäß sein Schicksal teilen, die persönliche
Menschenseele verschwände als solche vollkommen, löste sich auf
in die (zu vermutenden) einzelnen, wahrscheinlich unbewußten
Atomseelen. Doch gegen dieses Ergebnis hat die Natur als ihren
Zwecken und Zielen widersprechend ein verblüffendes, ebenso
einfaches wie schöpferisch-großes Gegenmittel gefunden und gegeben
: eben den feinstofflichen Leib, der den grobstofflichen
durchdringt und erfüllt wie das Licht einen dunklen Kaum und
gleichsam zwischen grobstofflichem Leib und Seele, letztere gefaßt
als Gesamtheit aller inneren Vorgänge, steht. Damit kommen wir
hinsichtlich der fraglichen leibseelischen Beziehungen zunächst zu
folgender Feststellung: Sie betätigen' und äußern sich nicht einfach
im Sinne der durchgängigen gleichwertigen (äquivalenten)
Wechselwirkimig, sondern, abgesehen von der allgemeinen Tendenz
zur Vermehrung der seelischen Energie, wie Wundt sie
darlegt, im Sinne einer vielfach durchkreuzten, gehemmten, geförderten
Wechselwirkung, indem der grob^toffliohe Leib durch
Vermittlung der Nerven wohl alle Reize streng gesetzmäßig aufzunehmen
und weiterzuleiten" strebt, hierbei aber der abschwächenden
oder verstärkenden Überwachung und Kontrolle
durch den vom seelischen Bewußtsein oder Unterbewußtsein geleiteten
feinstofflichen Leib unterliegt, so daß es, um nur ein
einziges Beispiel zu nennen, im höchsten Grade von der Seele und
ihrer Gegenwirkung abhängt, inwieweit sie sich durch leiblichen
oder auch geistigen Schmerz, durch Bilder, Töne, Schrecken und
Not beeinflussen lassen will. Und ebenso ist umgekehrt die Einwirkung
der Seele auf den Leib und die sonstige Umwelt eine in
ähnlicher Weise mittelbare und bedingte, so daß z. ß. auch der
stärkfite Wille nicht «einfach eine lüankheit aus dem Körper
treiben, den Tod verhindern kann. Denn die Seele steht in engster
Beziehung nur zum fein stofflichen Leibe, und so
kann kaum ein Zweifel sein, daß e r in viel höherem Maße inneren
Vorgängen gefügig ist, während der sichtbare grobstoffliche
Leib nur mittelbar mit ihr in Verbindung steht und darum auch
nur sehr bedingt ihren Einwirkungen unterliegt. — Wäre im
Gegensatz zu dieser Erkenntnis die Seele unmittelbar das „Innen*4
des sichtbaren Körpers, so stände «ie in dem Verhältnis
etwa von xVußenhaut bei einem Gasballon und dem darin enthaltenen
Gas; die Durchstoßung oder Vernichtung der Außenhaut
trifft auch unmittelbar das Gas und hebt seine Form und Wirkung
auf. Während tatsächlich das Verhältnis ähnlich dem ist von
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