http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1921/0259
t. Schrenck-Notzing: Zur Beurteilung sog» „Spukerscheinungen". 255
meteorologische Ursache (Föhnstimmung), 3. eine physiologische
Ursache (magnetische Eigenschaften des Mädchens) zusammentreffen
müßten, um das Phänomen zu erzeugen. Die erstgenannte
Ursache läßt mit ihrer lokalen Begründung an das Wünschelruten -
phänomen denken. Ueber dasselbe hat man vor einem Jahrzehnt
gelacht, man hat mir von Vertretern der Wissenschaft die Türe
gewiesen, wie man das heute im Fall Dietersheim tut. Ich habe
mein damals gegebenes Wort gehalten; vor wenigen Wochen
wurde ich aufgefordert, etwa 50 Kilometer von München entfernt
Kohlen zu suchen. Der Rutengänger fand dieselben ohne jede«
Anzeichen. Die sofortigen Kontrollen ergaben die Richtigkeit
seiner Angaben. Wir wären heute weiter auf diesem für unser
Vaterland augenblicklich so wiehligen Gebiet, wenn nicht Vorein-
genömmenheit und Überlegenheitsdünkel die Forschungsarbeit so
sehr erschwert hätte. Ich habe denen zu danken, die mich durch
ihr Vertrauen und ihre Berichte so wirkungsvoll unterstützen. *
Denen aber, die anonym oder auf Umwegen in der ihnen eigenen
Form die Arbeit stören, möchte ich die Bitte unterbreiten, nunmehr
einen Weg ihrer Kritik zu finden, der mir Gelegenheit gibt,
gerichtlich auf dem Wege der Beleidigungsklage die Angelegenheit
mit ihnen auszutragen. Die „Lourdesprozesse" haben bewiesen
, daß nur der Mangel an Mut zur Wahrheit schuld an der
Irreführung eines großen Teils unserer Volksgenosseo trägt. Vielleicht
würde eine gerichtliche Zeugenvernehmung die Wahrheit
von Dietersheim ebenso rasch daitun, wie die „Lourdesprozesse**
den Schwindel von Lourdes bestätigt haben.
Dr. Eduard Aigner.
Zur Beurteilung sogenannter „Spukerscheinungen".
Von Dr. med. Firlim. v. Schrenck-Notzing, München.
Geschehnisse, wie sie kürzlich in einem Bauernhause in
Dietersheim bei Neustadt a. Aisch beobachtet wurden,
lassen sich zu aileu Zeiten, angefangen vom Alterluni bis zur
Gegenwart, bei wilden Stämmen, mud bei Kulturvölkern nachweisen
. In der Kegel handelt es sich dabei um s< heinbar unerklärliche
Wirkungen von befremdlichem boshaftem Charakter,
oft schabernackartigen Wesens, die sich durch Schall- und Lichterzeugung
, durch Bewegung (Werfen) von Gegenständen, durch
nächtliche Ruhestörung und Beunruhigung sowie durch Necken
und Quälen von Menschen und Tieren kundgeben. Zu den häufigsten
Vorkommnissen dieser Art gehört auf dem Lande das
Losbinden von Vieh in den Ställen, das Werfen von Geigenständen
aller Art des täglichen Gebrauchs, von Klopfen und Poltern im
Hause usw. Mitunter ist es nicht leicht, festzustellen, ob hier
Wahrheit, hysterischer oder nichthysterischer Betrug vorliegt.
Die scheinbar selbsttätigen Bewegungen können mit großer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1921/0259