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v. Sebrenck-Notzing: Zur Beurteilung sog. „Spukerscheinungen*4. 257
mit Krachen und Poltern in der Küche. Ein Holzscheit setzte
sich in Bewegung \om Hauseingang bis in den Speicher. Mehrere
Tage im Mai herrschte völlige Ruhe. Dann fing der Spektakel
von neuem an. Miichschüsseln stürzten mm, Eßlöffel fielen vom
Tisch, ein Wassereimer schleppte sich zur Tür. Ein Kinderwagen
verließ immer wieder seinen Platz. Schließlich erreichte der
Spuk an einem Tage seinen Höhepunkt, als alle Türen des Hauses
aus den Angeln gehoben wurden und alles, was beweglich war,
umgeworfen und zerschmettert wurde, so Mostkrüge, Schüsseln,
Teile*, Pfannen, Schmalzhäfen, Waseereimer usw. Am 15. Mai
mußte das Haus geschlossen und verlassen werden.
Selbst wenn in einzelnen Fällen betrügerische Handlungen in
abnormer Bewußtseinsverfassuaig vorgenommen wurden, so sind
doch diese magischen Ereignisse in ihrer Gesamtheit keineswegs
■durch Schwindel erklärlich. In all diesen und ähnlichen Fällen
scheinen gewisse Einflüsse an den Örtlichkeiten zu haften, die dann
wahrscheinlich durch die Anwesenheit einer meddumistisch veranlagten
Person lebendig werden.
Gegenüber der scheinbaren UnerkMiiiehkeit solcher Vorgänge
sind absolute Ruhe und Sachlichkeit das erste Erfordernis. Bei
den Feststellungen selbst muß möglichst darauf geachtet werden,
ob die Phänomene mit* irgendeiner Person im Zusammenhang
stehen. Oft sind diese Entladungen an Kindern im Pubertätsalter
oder an Personen, in deren Organismus sich bedeutsame Veränderungen
vollziehen (Klimakterium), geknüpft; sie können
auch von atmosphärischen Vorgängen (Gewitter «usw.) beeinflußt
werden, (Vgl. Dr. W. Gerard, Fernfühlen und Fernwirken**.
Okkulte Welt VIII. Pfullingen 1921.)
Überall sehen wir die nämlichen Bewegungserscheinungen, wie
sie in verhältnismäßig tsrfnvacher Fonm auch in Dietersheim zur
Beobachtung kamen. Diese und andere Formen der Spukvorgänge
sind offenbar den bei sogenannten Medien festgestellten
Phänomenen wesensgleich; sie treten in dem einen Fall meist in
Gegenwart besonders dazu veranlagter Personen spontan auf, in
dem anderen werden sie durch Experimentieren mit solchen Versuchspersonen
künstlich hervorgerufen. (Vgl. v. Schrenck-Notzing:
„Physikalische Phänomene des Mediumismus. München 1920.)
In beiden Fällen kommt gelegentlich Betrug vor; aber vielfach
wird mangels jedweder Erklärung irgendein Unschuldiger, besonders
die oft magisch wirkende Persönlichkeit, verdächtigt, so
daß namentlich in den früheren weniger aufgeklärten Zeiten
sicherlich oft Unschuldige als vermeintliche Täteir behandelt worden
sind, so z. B. beim Spuk in Resau.
Wissenschaftliche Kommissionen haben bis jetzt bei derartigen
Anlässen weinig erredcht. Vielleicht hörte der Spuk auf, sobald
die hohe Obrigkeit oder die Abordnung an Ort und Stelle erschienen
. Hieraus wird der oberflächlich Urteilende sofort auf
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