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Colsman: Leib und Seele im Kosmos der Welt 311
^daß ein (Solches Postulat der praktischen Vernunft einen Wille
n s a k t, ein gefühlbedingte© Wert urteil bedeutet, und es
scheint unzulässig, ein solches einem Seins urteil gleichzustellen
oder dieses ohne weiteres auf jenem aufzubauen. (A. Messer,
a. a. O. S. 74—75.) Mit der Erschütterung! dieser Beweisführung
ist aber der Unsterblichkeifcsglaube in wissenschaftlichen Kreisen
überhaupt bedenklich ins Wanken geraten, und es seheint in der
Tat eine der vornehmsten Aufgaben der neuen Seelen- und Welterkenntnis
, diesen Glauben, nachdem er als solcher einmal
erloschen ist, zunächst dem Verstände wieder annehmbar
zu machen und als denkbar, ja als wahrscheinlich 'und schließlich
gar vielleicht als wissenschaftlich beweisbar darzutun, damit er
sedne Aufgabe der Verimierlichung und Vergeistigung wieder auf»
nehmen und nun in ungleich zwingenderer Form durchführen
kann. Und dazu scheinen mir die Voraussetzungen in hohem
Maße gegeben. Denn ist (die Seele al«s bewußte Krafteinheit an
einen besonderen feinstofflichen Leib, nicht an den zerfallenden
Körper gebunden, so ist zunächst ohne weiteres anzunehmen, daß
sie desen Zerfall auch nicht teilt und die Beibringung weiterer
Anhaltspunkte für ein Weiterleben wird nicht auf sich warten
lassen. Ja,» ich bin der Meinung, daß trotz aller bestehenden
Zweifelsfragen dieser Beweis zwar nicht unbedingt zwingend,
aber mit seho* hohem Grade von Wahr s cheinlich-
keit heute schon geführt werden kann oder geführt worden ist,
mit einem ähnlichen Grade von WahrsdieanHehkeit etwa, wie lie
dem Entwicklungsgesetze zukommt, an dem man ja immer noch
zweifeln kann und an dem noch gezweifelt wird trotz alier beigebrachten
Daten. Es würde zu weit führen, hier näher auf diese
Frage einzugehen; verwiesen sei aber in aller Kürze au! das oben
schon genannte Buch von Vogl „Unsterblichkeit", das ganz von
magisch-übersinnlicher Grundeinstellung ausgeht, sowie auf die
realistischere Schrift von Seiling: „Die Kardinalfrage der Menschheit
" (Mutze, Leipzig 1918). Auch die Bücher von Maeterlinck
„Vom Tode" (Diederiohs, Jena 1914) und „Der fremde Gast"
(ebenda 1919) wären hier zu nennen.
Und ob es mit dem Beweise Gottes einmal ähnliöh stehen wind?
Es ist kaum anzunehmen, insofern als ein göttliches Allwesen wohl
zu gewaltig unsere Maße und Fassenskraft überschreitet, als daß
es ganz eingehen könnte in- unser Gehirn. Aber man bedenke,
wreldhe Welttiefen und -weiten 'selbst der kleinste Spiegel zu fassen
vermag, wenn er nur klar und feingeschliffen ist. Und so
mag es sein, daß, je durchdringender und aufnahmefähiger unser
Auige wird, um so erschöpfendere Wahrheit es uns übermittelt
Wie sich aber dieses entsoheidiungssehwerste Problem auf Grund
unserer neuen Anschauung und Erkenntnis stellt, darüber hier
noch wenige Worte.
Oben suchte ich schon nachzuweisen, daß „reiner Geist" nicht
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