http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1921/0390
368 Psychische Studien» XLVIIL Jahrg. 7. Heft. (Juli 1921.)
leicht verwenden kann/4 Dazu möchte ich folgendes bemerken:
Das sogenannte Gedankenlesen ohne Berührung — «das tele-
pathische Experiment — wurde zuerst von meinem Freund
Scheibler und imir im Jahre 1897 in Berlin im Hotel de Rome der
Wissenschaft und der Presse vorgeführt. Es entstand auf folgende
Art: Scheibler machte, als ich dazu kam, in Vereinskreisen das
Gedankenleseexperiment mit Handanfassen. Ein 'besonderer
Umstand veranlaßte mich, Herrn Scheibler gegenüber zu erklären
: „Tch bin der Überzeugung, es gebt auch ohne Anfassen."
— Wir verabredeten eine Zusammenkunft und versuchten das
Experiment (zuerst mit „Hand über Hand", und siehe da, es gelang.
Bevor wir in die breite öffentlichkeit traten, habe ich mit Scheibler
allein unter den strengsten Bedingungen experimentiert.
So z. B. stand Scheibler mit verbundenen Lgen an einem Tische,
der mit vielen Gegenständen belegt war. Ich stand zirka
11/> Meter hinter ihm mit verschränkten Armen una vollständig
bewegungslos. Trotzdem gehorchte Scheibler meinen Willensimpulsen
fast ausnahmslos und wählte die Gegenstände, die ich
nur in Gedanken bezeichnete, oder er führte die Bewegungen aus,
die ich gedanklich von ihm verlangte. — Also die Gedankenübertragung
— richtiger Willensübertragung — ohne Berührung kann
auch echt sein. Dies zur Richtigstellung.
Nun noch eine Bemerkung zu dem von Herrn Dr. Lenk sehr abfällig
beurteiltem Satze des Freiherrn von Reichenbach: r Die Körper
emanieren und radiieren etwTas aus, das ihr Gewicht nicht vermindert
--und auch auf Entfernungen so mächtige Wirkungen
ausübt, daß es motorische Tatsachen vollbringt." Ich meine,
dieser Patz könnte uns eine Erklärung des ,,Spuks von Dietersheim
" bringen. — Auch stimmt diese Ansicht Reichenbachs doch
recht gut zu dem, was die „exakte" Wissenschaft von den Emanationen
des Atom Zerfalls festgestellt hat. So z. B. lese ich bei Prof.
Graetz *): „<Rutherford fand nämlich, daß Radium, Thorium und
Aktinum fortwährend ein Etwas aussenden, das man Emanation
nennt.---Glasgefäße mit Emanation leuchten im Dunkeln.
Die Emanation geht nicht wie die Strahlen gradlinig fort, sondern
sie verbreitet sich wie ein Gas. Man kann nun allerdings
absolut nichts von einer Gasentwicklung am Radium merken. Das
Radium verliert nichts an Gewicht. Sein Gewicht bleibt, soweit
die genauesten Wäguugen festzustellen gestatten, in Jahren dasselbe
. Läßt man die Emanation in ein ausgepumptes Gefäß eintreten
, so kann man nicht eine Spur von Druekerhöhung wahrnehmen
." — Das stimmt doch merkwürdig genau zu dem Od
Reichenbachs. Die Wissenschaft braucht bloß festzustellen, daß
die leichteren Atome ebenfalls Emanationen aussenden — natürlich
Emanationen leichterem Art —, dann ist das Od Reichenbachs
als Tatsache festgestellt.
*) Die Elektrizität, Stuttgart 1912, S. 342.
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1921/0390