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Peter: Prof. Hyelops AmivMen und Theorieo. 403
besitzen. Auch Constable sagt in seinem Werke „Personalität
und Telepathie", daß es bei Telepathie das zeit- und raumlose
transzendentale Selbst ist, das sich mitteilt, nicht in Worten,
sondern in Ideen, die mehr oder weniger symbolisch sind, welche
aber der Perzipient in Worte kleidet.
Der wichtigste Beitrag, den Prof. Hyslop zur psychischen Forschung
geleistet hat, ist, wie Barrett bemerkt, der experimentelle
Beweis, der ihn zu der Schlußfolgerung führte, daß manche Fälle
der sekundären oder multiplen Personalität einer psychischen Invasion
eines fremden Geistes, also einer tatsächlichen Besessenheit
zugeschrieben werden müssen. Die Methode Hyslops bestand
darin, ein Medium zu verwenden, das von den Verhältnissen
des Falles nichts wußte und hierauf durch sog. Kreuz-Korrespondenz
Bestätigung zu erhalten. Einen dieser merkwürdigen Fälle
sehen wir in dem Gifford-Thompson-Phänomen.*) Ein Goldschmied
, der nicht Kunstmaler war, malte Gemälde, welche der
Art des verstorbenen Malers Gifford glichen. Noch mehr tritt die
Vermutung Hyslops als wahrscheinlich richtig in den Vordergrund
in dem jüngst untersuchten Fall „Doris Fischer", in dem die Phänomene
der multiplen Persönlichkeit in wunderbarer Weise zutage
treten.
Auch Barrett ist der Ansicht, daß Hyslop im Rechte ist, denn
die gewöhnliche psychologische und subjektive Erklärung der
Spaltung od6r Dissoziation der Persönlichkeit ist mangelhaft und
unbefriedigend.
JProl. Hyslop war sich wohl bewußt, wieviel noch an dem absolut
unumstößlichen Beweise für das persönliche Fortleben fehlte,
aber sein Hauptstreben war nicht darauf gerichtet, Anhänger für
seine Anschauungen zu werben, sondern Tatsachen zu sammeln
und festzustellen, die schließlich zu seiner Überzeugung führen
mußten. Dabei unterschied Hyslop stets streng zwischen beweisenden
und nicht beweisenden Fällen. Erst nach sorgfältiger
Prüfung und nach Abwägung aller möglichen Theorien rang sich
Hyslop zu der Überzeugung von der Wahrheit der spiritistischen
Hypothese durch.
„In seinem Suchen nach der Wahrheit", sagt Russell Duane,
„war Hyslop inspiriert durch den Glauben, daß die Entdeckungen
auf diesem Gebiete den erschütterten religiösen Glauben der
Welt wieder stärken würden. Er fühlte, daß Religion ohne wissenschaftliche
Stütze dalzu neigt, in Agnostizismus zu degenerieren.
Hyslop wollte dem Christentum die Lebenskraft der alten Zeiten
wiedergeben durch den wissenschaftlichen Beweis des zukünftigen
Lebens. So war seiue Methode einerseits kalt wissenschaftlich
und anderseits warm menschlich. Es war dieses Mannes Vorzug
, nicht nur die Grenzen menschlicher Erkenntnis zu erweitern,
sondern auch den Schwachen aufzurichten, dem Zweifelnden wie-
*) Psych. Stud. 1910.
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