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410 Psychische Studien. XLVTIL Jahrg. 8. Heft. (August 1921.)
Welt nicht vorhanden. Dieser Geist schafft sich in diesem Zustand
seine eigene, von irdischen Vorstellungen bestimmte Welt
und es sind die Mitteilungen aus dieser Welt, die uns das scheinbar
Absurde bringen. Wenn aber die Befriedigung der Sinne
ausbleibt, dann müssen die sinnlichen Wünsche sich mindern und
verschwinden.
Selbstredend währt dieser Traumzustand nicht ewig, xst,
wie wir aus Beispielen wissen, nur die dem Tode unmittelbar
folgende Periode. Was dann kommt, wird mic nicht gesagt.
Es ist aber leicht zu denken, daß die Vorstellungen der anderen
Welt sich erst langsam im Geiste des noch Eidgebundenen an-
* sammeln, wie bei einem Kinde nach dem Eintritt in das irdische
Leben. Es ist Zeit erforderlich, die neuen Dinge zu verstehen und
so mag es auch in der neuen Welt sein, in die wir nach dem Tode
eingehen, Da ist es denn kein Wunder, wenn in der ersten
Periode Mitteilungen kommen, welche nur zu deutlich die irdischen
Einflüsse noch erkennen lassen. W^nn in diesem, überdies von
dem Medium modifizierten Gemisch von Behauptungen uns manches
auf den ersten Blick sinnlos und der von uns gedachten
Natur jener anderen Welt nicht entsprechend erscheint, dann wird
der Wissende dies wohl verstehen und es nicht mehr lächerlich
finden, wenn der nach dem furchtbaren Chok des Todes noch als
erdgebunden ringende Geist in seinen Phantasien von Häusern
auf der Erde träumt.
Ja noch mehr! Wenn man das Problem richtig erfaßt hat, so
muß man sich klar werden, daß es kindliche Wünsche sind, Enthüllungen
über die Natur des Jenseits von den „Geistern" zu erhoffen
. Niemals können aus den angegebenen Gründen solche
Wünsche in Erfüllung gehen. Man muß also erkennen, daß das
Problem der psychischen Forschung nicht in der Erfüllung dieser
Wünsche bestehen kann. Es kann niemals die Aufgabe der psy chischen
Forschung sein, zu untersuchen, ob die Spirits im Himmel
oder in der Hölle sind oder wie das Fortleben beschaffen ist.
Wir müssen uns begnügen, festzustellen, ob wir nach dem leiblichen
Tode mit unserem Bewußtsein fortleben, ob wir unsere Erinnerungen
behalten, ob wir uns den noch auf der Erde Lebenden
mitteilen und ihnen unsere Identität beweisen können. Dies ist
der springenlde Punkt des Problems, den allerdings nur wenige
erfassen. Gelingt uns dies, dann ist wahrhaftig Großes gelöst. Es
sind aber dann auch die Grenzen erreicht, welche dem menschlichen
Geist, so lange er im irdischen Körper weilt, gesteckt sind.
Ein Überschreiten dieser Grenze ist dem irdischen Menschen unmöglich
. .,Wir haben aber den Trost" — schließt Hyslop seine
Ausführungen — „daß die psychische Forschung heute schon
reichliche Beweise gefunden hat für die Wahrheit des Satzes,
daß die Toten leben. Nur ein Unwissender kann hieran
zweifeln."
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