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502 Psycfateche Studien; XLVIII. Jafajg. 9. Heft (September 1921.)
sehen Falle naheliegt, zunächst an Hellsehen oder Telepathie m denken
, aber über den betr. Fall ist deshalb noch nicht das geringste
entschieden, und ich stehe nach wie vor auf dem in jener Abhandlung
vorgetragenen Standpunkt, daß eine innerhalb unserer
Erfahrungswelt liegende Erklärung, wie sie hier in Betracht
käme, nur dann angenommen werden kann, wenn wirklich von
vornherein der exakte Nachweis gieführt werden kann (was hier
nicht möglich ist), oder wenn angenommen werden muß, daß in
dem betr. Falle ein solches Ereignis eintreten mußte, d. h. daß
in dem genannten Falle zu erwarten war, daß das Medium
psychometrische bzw. telepathische Fähigkeiten zeigte, die zur
Ermittlung der betreffenden Person geführt haben. Ist das
nicht nachzuweisen, iso muß auch die spiritistische Erklärung als
möglich anerkannt werden, und der betr. Fall läßt sich nicht
weiter entscheiden. Läßt sich also auf diese Weise (wir wissen
natürlich nicht, ob die psychometrischen Fähigkeiten nicht auf
transzendente Objekte ausgedehnt werden können) überhaupt
keine Grenze für solche Fähigkeiten der menschlichen Seele
finden, so kann auch nicht, wie Herr Dr. Tischner selbst zugibt*
der Spiritismus widerlegt werden, aber es muß in einem derartigen
Falle, wie es der von Großkopf erwähnte ist, zum mindesten
die Möglichkeit einer transzendenten Einwirkung offengelassen
werden, wenn wir nicht gänzlich bei Hypothesen stehen bleiben
wollen, und der Fall beweist in diesem Sinne allerdings nicht
das geringste für die Einwirkung einer transzendenten Welt oder
gar für ein Nachleben nach dem Tode, eine Anschauung, für die,
damit stmme ich durchaus mit dem Herrn Referenten überein,
der Okk.ütisinus höchstens ein Wegebereiter sein kann.
übrigens täuscht sich Herr Dr. Tischner mit der Behauptung,
daß sich die Spiritisten bis jetzt der Aufgabe entzogen hätten, die
Grenzen zwischen Spiritismus und Telepathie bzw. Hellsehen zu
ziehen (Ps. St., 48. Jhrg., 8. Heft, p. 427), da bereits Ahsäkow in
seinem Hauptwerk: „Animi&mus und Spiritismus" eine Anzahl von
Fällen bringt, wo jede andere Hypothese als die spiritistische unannehmbar
erscheint: Reden in fremden Sprachen (p. 421),
mediumistische Kundgebungen durch Kinde!1 und Säuglinge
(p. 408) u. a — eine Mahnung, auch bei der Beurteilung solcher
Fällf, l\01* denen auch eine der Erklärungen dnrch Telepathie oder
Hellsehen möglich ist, sehr vorsichtig zu sein.
Ich w eiß natürlich sehr wohl, daß eine hypothetische Möglichkeit
sich durchaus mit einer realen auf der anderen Seite verträgt, d. h.
daß also der Forscher in dem vorliegenden Falle als Arbeit«hypo~
these annehmen kann, daß es sich hier um animistische Fähigkeiten
des Mediums handelt, während auf dfcr anderen Seite die
Möglichkeit eines Eingreifens transzendenter Intelligenzen nicht
auszuschließen ist, aber ich steho nach wie vor, da es sich hier
eben um ein Gebiet handelt, das teilweise dem Übersinnlichen
angehört, auf dem Standpunkte, daß hier solche Hypothesen in
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