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TAU P*yihfc*he Stuiien; XLVHI. Jahrg. 9. Heft. (September 1921.)
Nun führt der Tote das Wort. Seine Jenseitsoffeabarungen sind
nicht eben sensationell, was indes kein hinreichender Grund ist,
ihre Wirklichkeit zu bezweifeln. Er fühlt, wie er seinen Körper
verläßt. Aber er bleibt noch geraume Zeit mit ihm verbunden.
Sein anfangs aufgelöster, zerflossener Körper nimmt festere Gestalt
an. Er lebt in lästiger Dunkelheit, leidet aber nicht. Endlich
dringt ein Lichtschimmer in die ihn umgebende Dunkelheit
Er kommt auf den Gedanken, sich wieder zu verkörpern, und
nähert sich der Frau, die seine Mutter werden soll (d. h. Josephines
Mutter). Er umgibt sie, bis das Kind zur Welt kommt, und
dringt dann allmählich in den Körper des Kindes ein. Bis zum
siebenten Jahre war dieser Körper von einem wogenden Nebel
umhüllt, indem er viele Dinge sah, die er seitdem nicht mehr gesehen
hat.
Nun gilt es, über Jean Claude hinauszugehen. Durch eine magnetische
Behandlung von fast drei Viertelstunden gelangt der
Greis ohne Verweilen auf einer seiner Lebensstufen bis an die
Schwelle feiner Geburt. Neues Schweigen, neues Zwischenstadium
. Dann plötzlich eine andere Stimme und eine unverhoffte
Persönlichkeit. Diesmal ist's eine sehr boshafte alte Frau; daher
muß sie auch viel leiden. Augenblicklich ist sie tot; denn
in dieser verkehrten Welt verläuft das Leben von rückwärts
und beginnt naturgemäß mit dem Tode. Sie ist in tiefer
Finsternis, von bösen Geistern umgeben. Sie spricht mit schwacher
Stimme, gibt aber stets bestimmte Antworten auf die ihr
gesteilten Fragen-, anstatt wie Jean Claude immerfort zu zanken.
Sie heißt Philomene Carteron.
„Indem ich den Schlaf noch mehr vertiefe," setzt Oberst Rochas
hinzu..., „rufe ich die Kundgebungen der lebenden Philomene
hervor. Sie leidet nicht mehr, scheint ganz ruhig, antwortet stets
deulich und in trockenem Tone. Sie weiß, daß sie in der Gegend
unbeliebt ist... und bei Gelegenheit wird sie Rache nehmen. Sie
ist 1702 geboren und hieß mit ihrem Mädchennamen Philomene
Charpigny. Ihr Großvater mütterlicherseits nannte sich Pierre
Machon» und wohnte in Ozan. Sie heiratete 1732 in Chevroux
einen Mann namens Carteron und gebar ihm zwei Kinder, die
aber starben.
„Vor ihrer Geburt war Philomene ein früh verstorbenes Mädchen
gewesen, davor ein Mann, der gemordet hatte; daher hatte
SLe in der Finsternis viel zu leiden, ja sogar nach ihrem Leben
als kleines Mädchen, wo sie doch keine Zeit gehabt hatte, Böses
zu tun. Es war die Buße für das Verbrechen. Ich hielt es nicht
für nützlich, den Schlaf noch mehr zu vertiefen, denn die Versuchsperson
schien erschöpft und der Anblick ihrer Zustände
konnte einen dauern.
„Anderseits habe ich eine Beobachtung gemacht, die zu beweisen
scheint, daß die Offenbarungen solcher Medien auf objektiver
Wirklichkeit beruhen In Voiron pflegt meinen Experi-
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