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522 Psydiisehe Studien; XLVIII. Jahrg. 9. Heft. (September 1921.)
ich konnte bemerken, daß diese Karten allerhand Bilder und
Figuren sowie kabbalistische Zeichen aufwiesen. Dann les^te
sie, dabei unverständliche Worte vor sich hiwmurmelnd, «Me
Karten in anderer Reihentfolge hin, wiederholte diese Prozedur
mehrere Male und ergriff sodann meine Hand — wenn ich mich
recht erinnere, war es meine linke — und studierte eifrig und
längere Zeit die innere Handfläche dieser Hand. Dann blickte
sie abwechselnd bald in die auf dem Boden liegenden Karten,
bald wieder in nieine Hand. Was sie mir zum Schlüsse alles
erzählt bzw. prophezeit hat, weiß ich nicht mehr; es war auch
nicht der Mühe wrert, es im Gedächtnis zu behalten, da es nur
trivialster Art war. Nur das Eine ist mir stets in Erinnerung geblieben
oder richtiger gesagt, wTurde mir später wieder lebhaft
in Erinnerung gebracht, nämlich die Vorhersage, daß ich
mehreren Menschen das Leben retten, dabei
aber zuletzt selbst zu Schaden kommen würde.
Der eingangs erwähnte Artikel hat mir auch die einzelnen Details
des seinerzeitigen Erlebnisses wieder deutlich ins Gedächtnis
zurückgerufen.
Nur, wie bereits bemerkt, glaubte ich damals auch nicht ein
Jota dieser chiromantischen.Prophezeiung.
Heute stehe ich auf einem anderen Standpunkt, indem ich
eingestehen muß, daß ich seinerzeit der alten Sibylle gegenüber
mit meinem Unglauben im Unrecht gewesen bin. Ich hatte in
der Tat in meinem Leben das Glück, dreiMenschen durch
rechtzeitigen Beistand vor dem Schlimmsten
zu bewahren, im letzten — dem dritten — aber auch
das Unglück, selbst eine erhebliche Verletzung
davonzutragen, die — es sind seitdem ca. neun Monate
verflossen — nicht nur keine Besserung erfahren, sondern in allerletzter
Zeit sogar eine Wendung zum Schlimmen genommen hat,
so daß heute nicht abzusehen ist, was noch kommen mag.
Kurze Notizen.
Nachruf.
Frau Hanna Vogt-Vilseck, eine unserer ältesten und
treuesten Mitarbeiterinnen, ist laut kurzer Mitteilung ihres Gatten,
des Kunstmalers Wolfgang Vogt in Gauting bei München, am
21. VI. 21 nachts 12 Uhr verschieden. Die stets hilfsbereite und
hohen Menschheitsidealen nachstrebende Frau wird allen, die sie
näher kannten, unvergeßlich bleiben. Mit ihrem letzten Lebenswerke
„Schlüssel des Wissens", 25 Unterrichtsbriefe, worin sie für
die bewußte Anwendung der Gesetze des Geistes und der Konzentration
des schöpferischen Denkens behufs zielstrebiger Gestaltung
der Persönlichkeit besonders in Lehrerkreisen eintrat,
hat sie sich viele Freunde erworben.
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