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v. Schrenck-Notzing: Der Spuk in Hopfgarten. 531
gesetzt, daß es sich nicht um solche Wirkungen handelt, die
lediglich an die Oertlichkeit gebunden keine Beziehung zu
lebenden Personen zu haben scheinen.
Oft nimmt der Spuk einen boshaften, befremdlichen Charakter
an, zeigt ein schabernackartiges Wesen, wirkt ruhestörend
, beunruhigt die Hausbewohner. Nicht selten finden
Quälereien und Neckereien von Tieren und Menschen statt
(Losbinden von Vieh in den Ställen, Werfen von Gegenständen
aller Art des täglichen Gebrauchs, Schall- und Lichterzeugung
, Klopfen und Poltern im Hause, Ortsveränderung
schwerer Möbelstücke bis zur völligen Zerstörung von allen
beweglichen Gegenständen).
Der Spuk von Großerlach (Württemberg), über den
Johannes Iiiig ausführlich berichtet hat, begann 1916 mit dem
Aufbinden von Viehketten in verschlossenem Stall; obwohl
die Tiere wieder erneut angebunden wurden, waren Ketten
und Stricke schon wieder aufgelöst, noch bevor die Beteiligten
den Stall verlassen hatten. Halsketten wurden solange
zusammengedreht, bis das Vieh erstickte. Am 2. Mai begann
das Unwesen im Hause mit Krachen und Poltern in der
Küche. Ein Holzscheit setzte sich in Bewegung vom Hauseingang
bis in den Speicher. Mehrere Tage im Mai herrschte
völlige Ruhe. Dann fing der Spektakel von neuem an. Milchschüsseln
stürzten um, Eßlöffel fielen vom Tisch, ein Wassereimer
schleppte sich zur Tür, ein Kinderwagen verließ immer
wieder seinen Platz. Schließlich^erreichte der Spuk an einem
Tag seinen Höhepunkt, als alle Türen des Hauses aus den
Angeln gehoben wurden und alles, was beweglich war, umgeworfen
und zerschmettert wurde, so Mostkrüge, Schüsseln,
Teller, Pfannen, Schmalzhäfen, Wassereimer usw. Am 15. Mai
mußte das Haus geschlossen und verlassen werden. Auch
in diesem Falle hatte man Verdacht auf einen 14jährigen im
Hause wohnenden Knaben. Aber es wurde festgestellt, daß
der Spuk sich auch in Räumen zeigte, in denen der Knabe
nicht anwesend war.
Selbst wenn in einzelnen Fällen betrügerische Handlungen
in abnormer Bewußtseins Verfassung vorgenommen
wurden, so sind doch diese magischen Ereignisse in ihrer
Gesamtheit keineswegs durch Schwindel erklärlich. In all
diesen und ähnlichen Fällen scheinen gewisse Einflüsse an
den Oertlichkeiten zu haften, die dann wahrscheinlich durch
die Anwesenheit einer mediumistisch veranlagten Person
lebendig werden.
Gegenüber der scheinbaren Unerklärlichkeit solcher Vorgänge
sind absolute Ruhe und Sachlichkeit das erste Erfordernis
. Bei den Feststellungen selbst muß möglichst darauf
geachtet werden, ob die Phänomene mit irgendeiner Person
im Zusammenhang stehen. Oft sind diese Entladungen
an Kindern im Pubertätsalter oder an Personen, in deren
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