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v. Schrenck-Notzing: Der Spuk in Hopf garten.
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legem schon die Autosuggestion herbeiführen konnte. Sie
hat sich vollkommen im Banne des Angeklagten befunden.
Es ist jedoch möglich, daß der Angeklagte eine Suggestion
nicht gewollt und auch nicht gewußt hat, daß er eine Hypnose
herbeiführe. Es ist möglich, daß eine Suggestion erst
bis zu vier Wochen später ihre Wirkung erkennen läßt,
nachdem der Suggestor auf sein Medium gewirkt hat. Dies
ist die sogenannte Posthypnose.
Da Frau Sauerbrey sich allein in der Küche befand und
die Klopfgeräusche von dort kamen, bin ich der festen Ueber-
zeugung, daß Frau Sauerbrey die von den Zeugen geschilderten
Vorgänge selbst verursacht hat. Sie selbst hat darunter
schwer gelitten. Es gibt körperlich schwache Personen
, die in einem solchen Zustande Handlungen vornehmen
, die sie in normalem Zustande nicht fertigbringen.
Bemerken muß ich noch, daß m. E. die Autosuggestion
nur dann eintreten kann, wenn die betreffende Person bereits
früher einmal in hypnotischen Zustand versetzt gewesen
ist. Bei einer hypnotisierenden Person kann das Oberbewußtsein
vollständig ausgeschaltet sein, so daß sie später
nicht mehr weiß, was sie in der Hypnose getan hat.
Die Zeugen Sauerbrey und Pappe wurden hierauf vorschriftsmäßig
beeidigt.
Nach der Vernehmung eines jeden Zeugen und Sachverständigen
wurde der Angeklagte und der Verteidiger befragt
, ob sie etwas zu erklären haben.
Die Staatsanwaltschaft und sodann der Angeklagte und
der Verteidiger erhielten zu ihren Ausführungen das Wort.
Die Staatsanwaltschaft beantragte eine Gefängnisstrafe von
drei Wochen, tlie mit der von der Strafkammer in
Chemnitz am 5. 4. 1920 ausgesprochenen Strafe von neun
Monaten Gefängnis gemäß § 79 St. G. B. und § 492 St. P. O.
zu einer Gesamtstrafe von neun Monaten und zwei Wochen
Gefängnis zusammenzuziehen sei.
Der Verteidiger und der Angeklagte beantragten Freisprechung
.
Der Verteidiger hatte das letzte Wort.
Der Angeklagte, befragt ob er selbst noch etwas zu seiner
Verteidigung anzuführen habe, erklärte nichts.
Hierauf zog sich das Schöffengericht zur Beratung zurück.
Nach Beendigung derselben wurde vom Vorsitzenden das
Urteil dahin verkündet unter mündlicher Darlegung des
wesentlichen Inhalts der Gründe durch Vorlesen der Urteilsformel
:
Der Angeklagte wird freigesprochen, die Kosten des Verfahrens
fallen der Staatskasse zur Last.
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