http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1921/0600
570 Psychische Studien. XLVIH. Jahrg. 10. Heft. (Oktober 1921.)
ersten Stadium gleich nach dem Einschlafen neigt. Nach
dieser Richtung könnten die dem Pfarrer von Herrn Prof. L.
vorgelegten Fragen noch ergänzt werden, wenn schon die
Gewohnheit zum Schlafsprechen für die Beurteilung nicht
entscheidend ist, da das einmalige eindringliche Erlebnis —
man denke nur an den berichteten „unchristl'ichen,
lockeren Lebenswandel" des Bauern — auch ein
einmaliges Schlafsprechen bewirkt haben könnte.
Daß der Ablauf des geschilderten Erlehnisses sich sowohl
objektiv in seiner Realität, als auch nach der subjektiven
Schilderung völlig in das Szenarium eines Traumspiels einfügen
läßt, will ich versuchen auszuführen Betrachten wir
erstens die subjektiv, d. h. schätzungsweise angegebenen
Zeiten.
Als Zeitdifferenz zwischen dem Moment, wo der Pfarrer
„kaum in die Federn gekrochen ist", abends
1 210 Uhr und dem Eintritt des Todes um V2II Uhr, wird
genau eine Stunde angegeben, leider eben nur schätzungsweise
, denn der Pfarrer hat die Gesprächsdauer nicht auf
seiner Uhr festgestellt, was er wohl — und das ist ein
schwacher Punkt — im Wachzustande gegenüber der immerhin
außergewöhnlichen Szene getan haben würde.
Dieser langen Zeit von, wenn wir auf den Hin- und Rückweg
des nach dem Bericht nicht sehr entfernt wohnenden
Bauern etwa 15—20 Minuten rechnen, fast 3/i Stunden entspricht
nun nach den Ausführungen des Pfarrers durchaus
nicht die Länge der Debatte, wie auch die Schwester nicht
von einer langen, sondern nur von einer lauten Debatte
spricht.
Die andere, zunächst verblüffende und die okkultistische
Hypothese scheinbar bestätigende Zeitangabe, die die Sterbezeit
unmittelbar dem Ende der Debatte folgen läßt, kann
man ganz ungezwungen auf die zeitliche Aufeinanderfolge
des Zubettgehens um 1l2^0 Uhr, des Einschlafens und des
Schlafsprechens zuiückführen. Der Pfarrer hat eben zwischen
1 olO und i/2ll Uhr den Traum mit dem Schlafsprechen gehabt
, und der Bauer ist eben um Uhr gestorben. Wäre
der Pfarrer, ganz gleich ob gerade an diesem Abend durch
Zufall oder wie immer nach Gewohnheit anstatt um i/210Uhr,
sagen wir mal erst um V2I2 Uhr zu Bett gegangen, und
hätte er dann genau das Gleiche erlebt, so wäre er wohl
selbst auf die allein natürliche Erklärung des Vorgangs
durch ein Traumerlebnis gekommen, er müßte denn schon
vorher etwas von dem unter dem Namen des „Nach-
k läppe ns" beim angeblichen Erscheinen Verstorbener berichteten
Phänomenen gehört haben.
Was aber den Bericht des Pfarrers ganz besonders subjektiv
färbt, und was gerade durch seine Subjektivität auf
das Land des Traumes hinweist, ist der Verlauf und der
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1921/0600