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574 Psychische Studien. XLVIII. Jahrg. 10. Heft. (Oktober 1921.)
weder sonstigen wirklich wissenschaftlichen Oesellschaft
bzw. „Kommission", von denen sie einzig der Umstand
unterscheiden mag, daß sie nicht an andere das Verlangen
richtet, Untersuchungsmöglichkeiten zu beschaffen und Ergebnisse
#der Forschung vorzuführen, sondern daß sie diese
Mühewaltung allerdings erheblichen Ausmaßes selbst trägt.
Dennoch wird sie gewiß bereit sein, ihre eigene Prüfungsgruppe
durch Zuwahl von der Gesellschaft fernstehenden
, objektiven Forschern auch nach von anderer Seite
aus gemachten Vorschlägen zu erweitern. Denn auch
sie sieht selbstverständlich in Zeitungspolemiken keinen
wissenschaftlichen Schaffensfortschritt, sondern in opferfreudiger
Arbeit auf möglichst breiter Grundlage, wie das
demnächst erscheinende Heft 1 ihrer „Mitteilungen" dartun
dürfte.
Berlin-Lichterfelde, den 18. September 1921.
Prof. Dr. Christoph Schröder.
Die Durchforschung der Fälle.
Von Hans Freimark.
Wenn es auf die Fülle der Fälle ankäme, so könnte es
weder über das Vorkommen von Ahnungen, die Anmeldung
Sterbender, die Erscheinungen Abgeschiedener, noch über die
Deutung dieser Geschehnisse eine Auseinandersetzung geben.
Der Tatsachenstoff ist so reichhaltig, daß es fast überflüssig ist,
neue Beobachtungen anzustellen.
Dennoch erleben wir es immer wieder, daß jeder Forscher,
der sich diesem Gebiete zuwendet, es für seine vornehmste
Pflicht erachtet, neue „Fälle44 aufzuspüren. Es muß also an
den „Fällen" oder besser an den Berichten darüber liegen,
daß sie trotz aller Fülle ungenügend sind, eine wirkliche Aufhellung
der Fragen, die durch ihr Vorkommen aufgeworfen
werden, herbeizuführen. Es wäre falsch, die Bemängelung des
vorhandenen Stoffes durch Untersucher, die zum ersten Male
an ihn herantreten, lediglich auf deren abweichende Anschauung
in Bezug auf die zu Grunde liegenden Ursachen zurückzuführen.
Wir müssen uns darüber klar werden* daß zu solchen Ausstellungen
die Vieldeutigkeit der Berichte selber wesentlich
beiträgt.
Wohl hat sich im wohltuenden Gegensatze zu den Überlieferungen
aus früheren Jahrhunderten die Weise des Berichtens
über Erlebnisse oder Wahrnehmungen erheblich gebessert. Die
Darstellungen sind sachlicher als ehedem, solange sie im Bereiche
des Alltäglichen bleiben. Dem Seltenen oder Seltsamen
gegenüber versagen meist auch die heutigen Berichter. Es
kann unsern Ansprüchen an Sachlichkeit in Betreff derartiger
Vorkommnisse wirklich nicht mehr genügen, wenn noch jetzt
genau so versucht wird, ihre Echtheit zu erweisen, wie dies in
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