Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
48. Jahrgang.1921
Seite: 578
(PDF, 212 MB)
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578 Psychische Studien. XLVHI. Jahrg. 10. Heft. (Oktober 1921.)

zum Ausdruck kommt und daß diese, soweit es sich um ihre
Form handelt, von uns gebildet wird, daß also wir es sind,
die die Ahnung, die Erscheinung, das Gespenst gestalten.

Diese Gestaltungen lassen sich, wie ich in meiner „Mediumistischen
Kunst"*) für diese Art der schöpferischen Wahrnehmung
gezeigt habe, sehr leicht in ihrer Bedeutung für
den Wahrnehmenden aufhellen, wenn wir uns der Methode
bedienen, die die neuere Seelenforschung für die Traumgebilde
anwendet. Wir kommen dann der Herkunft der auslösenden
Reize weit sicherer auf die Spur, als wenn wir deren Ursprung
aus e,inem einzigen Umstände der Wahrnehmung zu erschließen
versuchen, ohne den Anteil des Wahrnehmenden an dem Werden
der Form der Wahrnehmung zu berücksichtigen. Vor allem
zeigt sich bei einer derartigen Durchforschung,, daß die Ahnungen,
das zweite Gesicht und ähnliche Vorkommnisse durchaus nicht
so selten sind, wie es scheint. Wir alle ahnen sind und im
Besitze des zweiten Gesichtes, ein jeder ist Eindrücken zugänglich
, die ihm auf eine von der gewöhnlichen verschiedene
Weise werden, nur erlangen diese Einwirkungen nicht bei
allen und nicht jedesmal die gleiche Deutlichkeit. Diese hängt
von der größereu oder geringeren Gefühlsbetonung des Erlebnisses
ab. Die Fälle, in denen der Wahrnehmende nur Vermittler
für einen eigentlich gemeinten Dritten ist, sprechen
nicht gegen die Beteiligung von Gefühlen. Glücklicherweise
gibt es in jedem Einzelwesen, wenn auch oftmals völlig verschüttet
und verdeckt, sympathische Regungen, die es der Mit-
empfindung zugänglich werden lassen.

Wie beträchtlich die Gefühlsbetonung die Bewertung eines
Ereignisses oder einer Erlebnisreihe beeinflußt, dafür einige
Beispiele: Sobald wir in unserer nächsten Umgebung einen
Todesfall erleben und Trauer anlegen, bemerken wir plötzlich,
wie ungemein viele Menschen in Trauer uns begegnen. Selbstverständlich
trauern nun auf einmal nicht mehr Menschen als
sonst. Lediglich unsere Blicke für die Trauernden sind geschärft
, und woran wir sonst achtlos vorübergingen, das wird
uns nun bewußt. Von einem bekannten Dichter stammt die
folgende Beobachtung: seine Gattin lag schwer krank in der
Klinik, und er mußte mit ihrem baldige^ Hinscheiden rechnen.
Eines Nachmittags wurde er nach der Klinik gerufen, obwohl
er die Kranke erst am Mittag verlassen hatte. Eben als er
an der Endstation den Wagen der elektrischen Bahn besteigen
wollte, vernahm er aus dem Gespräch des Schaffners mit dem
Fahrer die Worte: zu spät! Er bezog sie sogleich auf den
Heimgang seiner Gattin, obwohl er sich sagte, daß die beiden
Beamten davon nichts wissen konnten und lediglich über eine
Verspätung in der Fahrzeit gesprochen hatten. Seine Herzensangst
hatte eben sein Ohr für alles geschärft, was auf das er-

*) Leipzig 1914.


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