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588 Psychische Studien. XLVHI. Jahrg. 10. Heft. (Oktober 1921.)
kaiischen Phänomene des Mediumismus, dem ferner der
Professor Viktor JVUkuska (Prag), der das Problem des
Lebens im Lichte biologischer Seelenforschung behandelte
und aus dem Neovitalismus des deutschen Naturphilosophen
Professor Hans Driesch, wie er in dessen Werk „Philosophie
des Organischen" zum Ausdruck kommt, die biologische
Möglichkeit des Materialisationsprozesses ableitete.
An den Diskussionen der einzelnen Vorträge nahmen auch
die Vertreter der nordischen Wissenschaft, so z. B. der Professor
der Psychiatrie Dr. Wimm er (Kopenhagen), der
dortige Philosoph Professor Starke, der Physiker Professor
Dr. Chr. Winter (Kopenhagen;, der Neurologe
Dr. Borberg (Kopenhagen), der Privatdozent Dr. Kort-
sen (Kopenhagen), Professor Alruz (Upsala), der Professor
der Nationalökonomie Dr. Jaeger (Stockholm), sowie
der Physiker Dr. Vereide (Stockholm) lebhaften Anteil
. Die bekannten dänischen Gelehrten Lehmann und
Höf ding waren beide durch Erkrankung verhindert, sich
an den Kongreßarbeiten zu beteiligen.
Die Bedeutung dieses ersten Kongresses für psychische
(= metapsychische) Forschung ist wohl hauptsächlich darin £u
erblicken, daß zum ersten Male bei einer derartigen Zusammenkunft
hervorragender Gelehrter verschiedener Länder
das physikalische Problem des Mediumismus als tatsächlich
existierend allgemein anerkannt wurde. Bezeichnenderweise
war das Hauptinteresse der anwesenden Forscher
diesem Gegenstande viel mehr zugewendet als der psychologischen
Seite des Gebietes (Telepathie und Hellsehen), wohl
deswegen, weil hierüber bereits ein umfangreiches Material
an wissenschaftlicher Literatur vorliegt.
Einzelne Versuche, die spiritistische Theorie für die Phänomene
anzuwenden, wie z. B. durch Herrn Meluslson
(Paris), fanden im Kongreß lebhaften Widerspruch. Begreiflicherweise
war die dänische Tagespresse in zwei Lager
geteilt, von denen das eine (Politiken) die ganze Zusammenkunft
als ein Spiritistenkonventikel hinzustellen suchte, während
die andere Partei sachgemäß referierte (Berlingske
Tidende und National Tidende). Der Verkehr zwischen den
Angehörigen der bisher feindlichen Länder vollzog sich in
korrekten, zum Teil sogar sehr herzlichen Formen, so daß
das Moment der politischen Spannung niemals zum Vorschein
kam. So ist denn auch dieser Kongreß dankbar zu
begrüßen im Sinne einer Wiederanknüpfung der durch den
Krieg zerstörten, aber doch dem wissenschaftlichen Fortschritt
so überaus nötigen persönlichen Beziehungen. Der
nächste Kongreß — 1923 in Paris — soll nun durch in den
einzelnen Ländern zu errichtende Nationalkomitees vorbereitet
werden; das deutsche Komitee wird voraussichtlich
bestehen aus Professor Hans Driesch (Leipzig), Pro-
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