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598 Psychische Studien, XLVIII. Jahrg. 11. Heft. (November 1921.)
selbst binnen Viertelstunden und bei den besten Versuchspersonen
können sie wechseln, ohne daß für uns greifbare
Unterschiede vorliegen. Für die meisten Experimentatoren
wird (ho Stille des Studienzimmers bei völliger Ausschaltung
anderer Eindrücke wesentlich sein, und das ,,hic Rhouus,
hie salta", was von den Berufsskeptikern gefordert zu werden
pflegt, indem sie willkürlich Ort und Stunde diktieren, ist
nirgends weniger angebracht, als bei derartigen Versuchen.
Für den empfangenden Teil ist es wesentlich, das eigene .
Oberbewußtsein von den zu erwartenden Versuehsergeb-
nissen ganz abzulenken, also das Gegenteil von dem zu tun,
was die Anhänger der Kombinationstheorie erwarten. In
dem gleichen Sinne äußert sich auch Heir Hof mann. Für
den aktheil Teil, den sogenannten .Agenten, kommt es auf
die Kunst der Konzentration an. Dies'* sowohl als auch die
Ablenkung gelingen aber durchaus nicht allenai gleichmäßig
. Hierin liegt für den Empfänger oder, wie das
Fremdwort lautet, den Perzipienten, der Vorteil der hypnotischen
Beinflussung. Als Geber geschah es mir einmal,
daß Fräulein von G mir sagte: ,,Ich sehe heute nicht so
klar wie sonst. Das Bild steht nicht ruhig. Sie sind heute
nenös." Und sie hatte insofern recht, als ich gerade eine
mit meiner eingangs gemachten Bemerkung zusammenhängende
Nachricht erhalten hatte, die wohl geeignet war,
mich \ oi übergehend zu beeinflussen. Von der Tatsache
selbst konnte aber die Versuchsperson keine Ahnung haben.
Die von dem später noch zu erwähnenden russischen Arzte
Naum Kotik beschriebenen Uebertragungen ganzer Landschaftsbilder
nach Ansichtskarten, mit denen er bei seinen
im Wachzustande automatisc h arbeitenden Medien über-
iaschende Erfolge erzielt zu haben angibt, waren mir bis
zur Drucklegung meiner Arbeit noch nicht gelungen. Fräulein
\on G. hatte, als ich ihr eine bunte Landschaft auf einer
Ansichtskarte zur Aufgabe stellte, geantwortet, sie sähe nur
etwas viereckiges buntes, das sie nicht näher erfassen könnte.
Uebrigens eine Angabe, die ich danial« gerade in ihrer
schlichten Unvollkommenheit für beweisend hielt. Indessen
ist mir später, als die Versuchsperson .besser eingearbeitet
war - - und derartige Fähigkeiten lassen sich ja, wenn einmal
vorhanden, entwickeln auch eine beachtenswerte Bild
Übertragung gelungen, die ich hier angeben will.
Die dabei verwendete bunte, hier sHhwarz wiedergegebene
Ansichtskarte stellt einen von Baumen und St räuchern umrandeten
Weg, daneben einen Rasenplatz, dar. Einer der
Bäume blüht uad hat die Blüten über Rasen und Weg gestreut
. Auf dem Wege steht, nach links gewendet, eine
Frauensperson. Das am 5. August 1920 aufgenommene
Protokoll lautet:
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