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604 Psychische Studien. XLVIII. Jahrg. 11. Heft. (November 1921.)
liehen Konzentration lassen mich eher an eine telepathische
Uebertragung denken.
Daß für die Aufnahme telepathischer Nachrichten die
Ausschaltung aller äußeren Eindrücke und auch der eigenen
Kombination wesentlich ist, habe ich als meine und
Albert Hofmanns übereinstimmende Ansicht bereits wiedergegeben
. Es ist also gerade das Gegenteil von dem der Fall,
was die unbelehrbaren Skeptiker den Telepathen unterlegen,
wenn sie die Erscheinungen auf das genaue Erfassen und
Deuten feinster unbewußter Zeichen zurückführen wollen.
Manche Berufstelepathen arbeiten daher auch in einem
Zustande eingeschränkten Wachbewußtseins (autohypnotischen
Zustande). So der in Süd- und Westdeutschland
bekannt gewordene Nena, der sich, weil ihn seine Schaustellungen
zu sehr anstrengten, inzwischen vom öffentlichen
Auftreten zurückgezogen hat. Mit seiner Person befaßt sich
ein Artikel im ersten Heft der Psychischen Studien vom
Jahre 1920. Der Genannte besitzt die Fähigkeit, sich binnen
wenigen Sekunden in einen selbsthypnotischen Zustand zu
versetzen, was ich aus gewissen körperlichen Anzeichen
entnehmen zu dürfen glaube. Alle seine Versuche fanden in
der Weise statt, daß er den Auftraggebenden ohne jede
körperliche Berührung stets im Rücken hatte Die Vertreter
der Anschauung vom Muskellesen kommen hier also
nicht zu ihrem Rechte. Ebensowenig konnte meines Er-
arhtens von einer Trickarbeit die Rede sein, da der Vorsteller
ohne Fremdhilfe arbeitete und jedermann im Saale
mit ihm Versuche anstellen konnte. Ich möchte bei dieser
Gelegenheit Herrn Professor Dr. Alfred Busch von der
Psychiatrischen Klinik in Tübingen, der in einem am 27. 2.
d. J. gehaltenen Vortrage gesagt hat: ,,Auch bei der Gedankenübertragung
findet, zumal bei öffentlichen Vorführungen
, wie bei Cumberland und Nena, größtenteils absichtliche
Täuschung des Publikums statt" (Referat Psychische
Studien, April-Mai-Heft 1921, Seite 267), öffentlich
fragen, wie er Cumberland und Nena in einem Atemzuge
nennen kann, und ob er den letzteren überhaupt gesehen
hat. Ich hatte Gelegenheit, ihm einige, improvisierte Aufgaben
zu stellen, die niemandem zuvor bekannt gewesen
waren. Die Versuche fielen zu meiner Befriedigung aus,
und was nicht gelang, bewies mir erst recht ihre Echtheit.
Eindrucksvoll war die Lösung einer Aufgabe, die ein anderer
Herr aus der Stadt ihm stellte und die darin bestand, mit
einer — zuerst auf telepathischem Wege herbeigeholten —
Nadel über dem Worte „Vermischtes" in einer Zeitung den
1. Punkt zu durchstechen. Alle diese Versuche hatten das
Gemeinsame, daß es sich stets um die Uebertragung
von Willensimpulsen gehandelt hat. Dabei könnte
der um jeden Preis Zweifelnde noch den Einwand er-
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