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622 Psvchische Stadien, XLVIII. Jahrg. 11. Heft. (November 1921.)
zu lassen! Des weiteren gibt es genug Medien, die keinerlei
hysterische Symptome aufweisen und die charakterolo-
gische hochstehende, einwandfreie Personen sind. Ich habe
bei aller Skepsis deren genug kennen gelernt Gerade das
von mir etwas früher angeführte physikalische Medium, das
bei jeder Kontrollmöglichkeit Phänomene bietet, die an die
Homes erinnern, ist eine offene, freie Persönlichkeit, die
sich mit keinem Heller noch hat bezahlen lassen, obwohl
ihr schon hohe Beträge angeboten worden, und die als
brave Mutter in gewiß nicht glänzenden Verhältnissen sieben
Kinder sorgfältig erzogen hat Dies nur ein Beispiel von
vielen anderen. Der Vorwurf der Hysterie wird natürlich
darum gegen die Medien erhoben, um die Phänomene in
ein schiefes Licht zu bringen, da ja von lügenhaften, charakterschwachen
Personen nur Schwindel und Betrug zu erwarten
sei. Solange man nur auf im Dunkeln eintretende
Phänomene sich berufen konnte, und solange die Vorkontrolle
eine ungenaue war, entbehrte dieser Vorwurf ja nicht
seiner Berechtigung. Heute aber, wo der Forscher genaueste
Vorkontrolle übt und nur solche Erscheinungen berücksichtigt
, die er auch bei Beleuchtung mit allen Sinnen, eventuell
der photographischen Platte, kontrollieren kann, hat dieser
Vorwurf keine Berechtigung mehr. Freilich, photographische
Bilder allem werden keinen Ungläubigen überzeugen, dergleichen
hätte man ja auch betrügerisch vorher stellen und
dann aufnehmen können. Aber man setze sich nur ge- -
fälligst einmal selbst zu einem guten Medium, beobachte
beispielsweise, wie eine Materialisation entsteht, poche sie
dann und fühle, wie sie unter dem Griff sich in ein nichts
auflöst, dann wird man anderer Ueberzeugung werden.
Lesefrüchte und Durchblättern von Bildern machen noch
keinen urteilsfähigen Kritiker, so wenig das Lesen medizinischer
Bücher jemanden zum Arzt macht. Nur die Praxis
wirkt hier wie dort erzieherisch und kann einen ernst zu
nehmenden Kritiker heranbilden. Es wären also alle diejenigen
gelehrten und ungelehrten Kritiker, die in parapsychischen
Dingen nur über angelesenes Wissen verfügen,
zu bitten, gefälligst die Tinte zu halten, denn ihre naiven,
von keinerlei Erfahrung getrübten Ergüsse erwecken nur
das Lachen der Kenner.
Was das Schwindeln bewußter und unbewußter Art der
Medien betrifft, so wurde und wird es wohl nur bei Dunkeloder
Kabinettsitzungen als beeinträchtigend empfunden. Doch
gibt es auch hier genug durch die Praxis herausgebildete
Maßregeln, um sich dagegen zu schützen. Im übrigen ist
das unbewußte „Schwindeln" der Medien ein interessantes,
psychologisches Kapitel für sich. Nun haben wir aber, wie
erwähnt, heute so viele bei guter Beleuchtung arbeitende
Medien, daß Dunkelsitzungen fast ganz zu vermeiden sind
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