Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
48. Jahrgang.1921
Seite: 637
(PDF, 212 MB)
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Iiiig: Deutscher Okkultisten-Kongreß in Cassel.

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gefaßt machen. Was aber als neue Lehre verkündet wurde, waren die
allen Gedanken und Vorstellungen des Gnostizismus — der Gott in
uns — und des Spiritualismus — eine Geistleiblichkeit, wie sie schon in
alter Zeit und auch neuerdings immer wieder verkündet wurde — mit
einem mehr modern klingenden so7ialethischen Einschlag.

Sonntag vormittag fand die „Besichtigung der Parkanlagen und des
Neubaus der Bundeszentraie auf dem Rammeisberg' statt. Dabei hielt
Herr Richter eine Ansprache, die mich in sofern peinlich berührt hat,
als sie sich bloß um seine Person und seine privaten Anliegen drehte,
und zwar in einer solch unangenehmen Weise, daß mir im Ernste Zweifel
kamen, ob der Kongreß übeihaupt aus sachlichen Gründen einberufen
worden sei. Wie wreitausgreifend die Pläne Richters sind oder waren,
das zeigten auch die Prospekte, die während des Kongresses ausgeteilt
wurden. Sie trugen am Kopf die Worte: „Prospekt über die Ausgabe
von Darlehensscheinen im Höchstbetrag von 1 Million Mark der Gesell-
schaft m. b. H. „Deutsche Bundeshochschule für freie okkultistische
Geistesforschung" und „Erste deutsche Heilstätte auf okk. Grundlage
in Cassel-Wilhelmshöhe." Von einem Teilnehmer des Kongresses in
die Enge getrieben, gab Richter am Schluß des Kongresses die Erklärung
ab, daß der zur Verteilung gelangte Prospekt ein älterer Druck
sei, der jetzt keine Gültigkeit mehr habe. Er brauche bloß
300 000 Mark und die ganze beabsichtigte Gründung sei sein Privat-
ifnternehmen und habe mit dem Okkultistenbund gar nichts zu tun! Man
muß alle diese Dinge wissen, weil von hieraus erst die Einberufung des
Kongresses ihre charakteristische Beleuchtung erfährt. Man muß außerdem
noch wissen, daß die Haupttätigkeit der Casseler Okkultistenzentrale
bis jetzt in der Karmafurschung und. in der Versendung von Lehrbriefen
bestanden hat, für die 600 Mark gefordert und bezahlt wurden. Die
eigentlichen Kongreßverhandlungen begannen am Montag, den 5. Sept.,
mit der Tagesordnung: „Besprechung der einzelnen Punkte des Schaar-
schtnidt'schen Programms und Beschlußfassung über die Gründung des
Kartells oder Bundes." War schon diese Tagesordnung ein Mißgriff,
so erwies sich mehr noch die Wahl des Vorsitzenden als ein Fehler.
Denn schon im Augenblick der Eröffnung der Debatte platzten die verschiedenen
Richtungen leidenschaftlich aufeinander, und der Vorsitzende
war außerstande, dem Wortgefecht Ziel und Richtlinie zu geben. Die
Folge davon waren widrige Geschäftsordnungsdebatten, und am zweiten
Tag ein Vorstandswechsel. Ein Versuch meinerseits — es war das erste
und letztemal, daß ich das Wort ergriff — zu beantragen, vor jeder
weiteren Diskussion über eine Bundesgründung präzis zu formulieren,
was man unter dem Okkultismus verstanden wissen wolle, dessen verschiedene
Richtungen in einen Bund zusammengefaßt wrerden sollten,
war ohne Erfolg. Der Vorsitzende entzog mir das Wort, weil ein
derartiger Antrag keine Geschäftsordnungsangdegenheit s i So ging
denn die Diskussion weiter, ohne daß auch nur der Versuch gemacht
worden wäre, den Begriff „Okkultismus" zu definieren. Man redete
und stritt mit großer Heftigkeit, und keiner verstand den andern, weil
jeder eine andere Vorstellung von der Sache hatte, um die es ging. Fast
durchweg klang die Ansicht hindurch, daß Okkultismus etwas wie eine
neue Religion oder irgendeine Art spiritualistisehen Glaubensbekenntnisses
sei. Als die Verwirrung aufs höchste gestiegen und der Lärm am
größten geworden war, erhob sich der Deutsch völkische Schriftsteller
und Wanderredner Dr. Artur Dinter, um den Veranstaltern des Kongresses
und der ganzen Versammlung in temperamentvollster Weise
allerlei grobe Wahrheiten zu sagen und dadurch einen ohrenbetäubenden
Widerspruch auszulösen. Man dürfe, so führte Dinter u. a. aus,
die wissenschaftliche okkultistische Forschung nicht so geringschätzig
behandeln wie es hier beliebt werde. Wenn Dinfer nach seiner Erklärung
, in der er der Versammlung die logischen Voraussetzungen für
eine ernste wissenschaftliche Diskussion absprach, geschwiegen hätte
oder fortgegangen wäre, hätte man ihm das Zeugnis einer konsequenten


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