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Aurich: Ist ein Verfahren denkbar usw. 695
zuschalten; hier, wie in allen übrigen der angeblich aus dem
Jenseits kommenden Botschaften, kann man unmöglich dem
Dilemma entrinnen, daß sich entweder die Tatsache oder
die vom „Geiste" enthüllte Idee in einem Dokument oder in
einem lebenden Gehirne findet, und dann kann man annehmen
, daß der Scharfsinn des Mediums dieselbe durch Hellsichtigkeit
oder Gedankenlesen sucht; oder diese Idee findet
sich nirgends und dann wird jede Bestätigung unmöglich."
Diese Ansicht, die man in der einschlägigen Literatur auf
Schritt und Tritt findet, trifft aber nicht das Richtige, wie
man sehr bald sehen wird.
Selbstredend muß das Beweisverfahren nach jeder Richtung
hin einwandfrei sein, es müssen also Telepathie, Gedankenübertragung
, Uebertragung des geistigen Bildes
(„image mentale"). Hellsehen, Psychometrie, Panästhesie, Gedankenlesen
, Kryptomnesie, Kryptoästhesie, Hyperästhesie
des Gedächtnisses usw. von vornherein ausgeschaltet sein.
Der Weg, der beschritten werden müßte, ist der der sogen.
„Kryptographie". Ich habe mich in letzter Zeit eingehend
mit dem Gegenstand beschäftigt und bin dabei zu der
Ueberzeugung gelangt, daß es einen besseren und einfacheren
Weg wohl nicht geben kann, zumal sämtlichen Einwänden
, wie sie vorstehend aufgeführt sind, der Boden
entzogen ist.
Es wird mit einer Person vereinbart, daß sie nach ihrem
Tode, wenn möglich, es versuchen werde, mit Hilfe eines
Mediums eine Mitteilung in das Diesseits gelangen zu
lassen, und zwar in chiffrierten (verzifferten) Worten. Die
betr. Person muß sich natürlich schon zu Lebzeiten mit
Chiffrierschrift und Chiffriermethoden so viel beschäftigt
haben, daß es für sie eine Kleinigkeit, eine Spielerei bedeutet
, einige wenige Worte — es würde zur Not ein
einziges Wort genügen — in eine von ihr selbst ersonnene
Chifferschrift umzusetzen. Selbst ein nur mittelmäßig begabter
Mensch ist imstande, in kürzester Frist ein Ver-
zifferungsverfahren aufzustellen, das zu entziffern auch
einem geübten und geschickten Dechiffreur nicht wohl möglich
sein dürfte. Ich habe hier vor allem eine Methode im
Auge, nach der die an Stelle der einzelnen Buchstaben^
des Alphabets tretenden Ziffern durch Multiplikation und
Addition derart „maskiert" werden können, daß sie von
dritten Personen nicht zu dechiffrieren sind.
Ich brauche wohl nicht besonders zu betonen, daß die
Mitteilung sowie das zu diesem Zwecke zu benutzende
Chiffrierverfahren von der mitteilenden Person nicht schon
bei deren Lebzeiten zusammengestellt bzw. ersonnen werden
dürfte, da ja sonst sofort der eine oder andere Einwand
(Telepathie usw.) — und mit vollstem Rechte — entgegengehalten
würde. Es wird in der Literatur von aus dem
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