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702 Psychische Studien. XLVI1J. Jahrg. Iii. Heft. (Dezember 192U
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möchte icli den Lestr bitten, einen Blick in die soeben erschienene 2. Auflage
von Driesch* Philosophie des Organischen zu tun. Er wird finden,
daß auch dieser hervorragende Forscher er ist der umfassendste
lebende deutsche Systematiker der Philosophie - mit mir der Meinung
ist, daß dir eigentlich parapsychischen Probleme wie Hellsehen und Telepathie
bereits der positiven wissenschaftlichen Forschung angehören und
dab auch die Realität der Materialisationen und der Telekinesie nadi
den Forschungen Schrenck-Notzings, Crawfords (von dem kürzlich ein
neues wichtigstes Buch erschien) und Geleys mit größter Wahrscheinlichkeit
anzunehmen sei. Der Fall Kolb läßt an einem besonderen krassen
Beispiel erkennen, wie wünschenssvert es wäre, wenn eine gewisse erkenntnistheoretische
Schulung auf der Universität allen Studierenden zuteil
würde, damit sie fähig werden, die Grenzen und den Sicherheitsbzw
. Unsicherheitsgrad unserer Erkenntnis zu beurteilen. Denn das ist
es, was Kolb fehlt; die aus der Einsicht in die logische Struktur unseres
Wissens hervorgehende wissenschaftliche Bescheidenheit und damit die
Zugänglichkeit für neue Erfahrungen."
Phychiatrisch-Neurologische Wochenschrift. XXII. Jahrgang.
Nr. 23/24. Dr. Joh. Bresler, Kreuzburg (Obercchlesien), brachte
einen längeren Aufsatz „Zur Streitfrage der okkultistischen Forschung
" von Dr. med. Paul Sünner, Bei lin-Schöneberg. Anknüpfend
an den bekannten „Aufruf" der Berliner „Psychologischen
Gesellschaft" und an den mehrwöchigen Vortrag Dr. Molls
über „Okkultismus4* im vergangenen Winter in dessen psychologischem
Institut, schreibt der Verfasser: „Ich hatte den Eindruck, daß Herr
Moll sich die Sache allzu leicht machte. Denn mit „Ablehnen utn
jeden Preis" verrät man nach meiner Ansicht allzusehr die vorherrschende
Tendenz. Obwohl Fragestellung und Beantwortung, also doch wohl Diskussion
, auch der etwa abweichenden Ansichten angekündigt war, kam
es leider nicht dazu. Es wurde zur Beantwortung nur für schriftlich
eingereichte Wünsche und Fragen zwar noch an einem besonderen Abend
Gelegenheit geboten, aber auch dadurch war ja keineswegs die Möglichkeit
gegeben, die jeweiligen Ausführungen Alolls und seine zum Teil
absurde Beweisführung noch am selben Abend kritisch zu berühren.
Eine Aeußerung bleibt mir besonders in Erinnerung, nämlich die: Er
würde selbst seinen besten Freund so lange für den größten Betrüger
halten, solange er sich nicht selbst durch Erfüllung seiner Vorschriften
durch Augenschein überzeugt habe. Das verrät gewiß eine schöne, aber
meines Erachtens zu weitgehende Objektivität. Denn man darf in seiner
ablehnenden Kritik doch nicht so weit gehen, daß man die Wahrnehmungen
anderer glaubhafter Zeugen einfach als nicht existierend beiseite
schiebt. Das aber tut Moll, und obwohl er durch jahrzehntelange Forschungen
aul diesem Gebiete gewiß einige Autorität beanspruchen
könnte, wird es sich immer mehr herausstellen, daß es nur seine Schuld
ist, wenn es ihm innerhalb von 30 Jahren nicht gelungen ist, auch nur
ein einziges okkultes Phänomen emwandtrei zu Gesicht zu bekommen.
Die Zahl derjenigen wird immer größer werden, die mehr Glück auf
diesem Gebiete hatten. Wohl aber hat es Herr Moll verstanden, eine
solche Antipathie in anderen mit dieser Materie sich befassenden Kreisen
groß zu ziehen, daß man ihn dort nicht anders als stark voreingenommen
bezeichnet." Und weiter: „Für den Sachkenner auf diesem Gebiete ist
es einleuchtend, daß man nicht mit geistigem Hochmut an den früheren
Versuchen gelehrter Forscher vorübergehen kann. Schon mit dein verstorbenen
berühmten Medium Eusapia Palladino haben zahlreiche Um-
versitätsprofessoren experimentiert, wie die Physiologen Richet (Paris),
Luciani (Rom), Bottazzi (Neapel), die Psychiater und Neurologen Sante
de Sanctis (Rom), Morseiii (Genua), Lombroso (Turin), der Anatom Pio
Foa (Turin), die Physiker Herr und Frau Curie (Paris), Perrin und
Poincare (Paris), die Astronomen Schiaparelh (Mailand), Flammarion
(Paris), die Psychologen und Philosophen Courtier (Paris), Bergson
(Paris), Flournoy (Genf)." — Verfasser geht dann aut die Anregungen
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