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704 PsycMsche Studien. XLVIII. Jahrg. 12. Heft. (Dezember 1921.)
Dorf etwa 100 Meilen von Calcutta entfernt, gegründet hat. In dem vorliegenden
Buch, das auch Beiträge von Tagore selbst 'enthält, schildert
tin Lehrer der Schule, W. W. Pearson, dieses Erziehungsexperiment des
indischen Dichters. Shantiniketan, der „Ort des Friedens", ist eine
Schuk\ ii der den Kindern eine möglichst weitgehende Freiheit zur Enthaltung
ihrer Persönlichkeit gelassen wird, die Methoden der Erziehung
haben mancherlei Berührungspunkte mit der Montessori-Methode. Im
Mittelpunkt jedoch steht die religiöse Erziehung, ein religiöser Geist
gern all den Traditionen der Brahmo Samäj, einer der freiesten Religionsgemeinschaften
, die es wohl je gegeben hat. Diese religiöse Erziehung
besteht nun aber nicht in Unterrichbb landen und in der Unterweisung
von Texten und Zeremonien, sondern in dem Schaffen einer eigenartigen,
religiösen Atmosphäre. In dem Essay „My School" (Meine Schule) in
uem Band „Personality" sagt Tagore hierüber: „Wenn ein Mensch es
/u seinem Beruf macht, andern Gott zu predigen, dann wird er mehr
den Staub autwirbeln, als der Wahrheit einen Weg bahnen. Religiöse
Erziehung kann niemals in der Form von Lektionen gegeben werden,
sie ist dort wo die Religion sich in der Lebensart offenbart." Die
Schwierigkeiten, die solchem Ideal in einer Schule entgegenstehen, werden
in dem Buche nicht verschwiegen Aber nach den ersten Stadien des
Experiments sind die Erfolge nicht ausgeblieben. Und wie mißt Tagore
den Erfolg seine! Schule? In einem Brief, den Pearson zitiert, schreibt
*>ri „In meiner Schule halte ich es für richtig, unsern Erfolg an dem*
geistigen Wachstum der Lehrer zu messen. In diesen Dingen ist Gewinn
für da? persönliche Selbst, ein Gewinn für alle, wie das Entzünden einer
Lampe die einen ganzen Raum erleuchtet." Man ist versucht, diese
Methode auch auf andere Schulen anzuwenden, indem man „das geistige
Wachstum der Lehrer" zum Maßstab nimmt. F. W.
Die leibliche Auferstehung Jesu« Eine religionsgeschichtliche Studie
von Gg. Sulzer. Leipzig 1920, Oswald Mutze. Preis M. 2 50.
Der aus einer stattlichen Reihe eigenartiger Schriften bestens be-
Rannte Verfasser bemüht sich hier, aus einer manchmal wirklich scharfsinnig
kritischen Prüfung und Vergleichung aller für die Frage der
Auferstehung und Erscheinung Jesu entscheidenden neutestamentlichen
Stellen in Verbindung mit den Ergebnissen der neuzeitlichen religionsgeschichtlichen
Forschung den Beweis zu führen, daß die Jünger und die
erste Christenheit überhaupt von der leiblichen Erscheinung Jesu nach
seinem Tode unerschütterlich überzeugt gewesen seien. Da wir heute
mit großer Wahrscheinlichkeit die historischen und die legendenhaften
Bestandteile des Neuen Testamentes auseinanderzuhalten vermöchten,
in der jüngsten Erforschung der Materialisationserscheinungen auch eine
gute psychologische und naturwissenschaftliche Erklärung für diese
Auferstehung hätten, so dürften wir ebensogewiß an der leiblichen Auferstehung
Jesu festhalten wie die ersten Christen. Die Betrachtungen
Sulzers können zwar nicht zwingend überzeugen, aber auch der ehrliche
Zweifler wird gestehen müssen, daß ihnen ein hoher Wahrscheinlichkeitswert
innewohnt und daß es mehr als kurzweilige Unterhaltung bedeutet,
wenn man sich die Schrift zu Gemüte führt. * A. G. W.
Berichtigung.
Auf S. 640 vorigen Heftes, Zeile 7, von oben, findet sich die Notiz,
der Veranstalter des Kasseler Kongresses, Herr B. Richter, sei zum
Ehrenmitgliede des Bundes ernannt. Als aufmerksamer Ohrenzeuge
der Tagung (v. 5.—7. 9.) erkläre ich, daß R. auf Beschluß gemäß
Antrag Dinter zum „Ehren-Mitglied des Kongresses" ernannt
wurde. Da sich kein Widerspruch erhob und der Kongreß heute eine
historische Tatsache (nicht sehr erhebenden Angedenkens) ist, so ist
Herr R. heute nicht Mitglied oder Ehrenmitglied des in Kassel begründeten
„Zentral-Verbandes".
Verlagsbuchhändler Victor Mutze, i. Fa. Oswald Mutze.
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