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Mikuska: Das Problem des Lebens.
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sieht von einer Verbrennung der Nährstoffe durch den
Sauerstoff nicht länger aufrecht zu erhalten sei. Schon
S }f a 11 a n z a n i hatte gefunden, daß Schnecken und Würmer
in einer Atmosphäre von reinem Stickstoff und Wasserstoff
lange Zeit lebten und eine Menge von Kohlensäure abgaben
. Der berühmte Physiologe Bunge hat bei Spulwürmern
gefunden, daß sie vier- bis fünfmal 24 Stunden in .
völlig Sauerstoff freien Medien lebten und sich bewegten. -
Unsere Nahrungsstoffe sind bloß Brennstoffe, mit denen wir
die Lebensmaschine heizen, denn beim Stoffwechsel bleiben
auch die Teile der Organismen selbst nicht unberührt, und
wir kennen bisher keine Maschine, die einzelne Teile bei
ihren Arbeitsleistungen selbst vernichten und wieder aufbauen
könnte; auch können wir uns keine Maschine denken
, die aus demselben Material aufgebaut wäre, das sie
gleichzeitig auch zur Erhaltung ihrer Arbeitsenergie selbst
unaufhörlich benützt.
Es gibt Nahrungsstoffe, die dem Körper unentbehrlich
sind und die dennoch keine chemischen Spannkräfte demselben
zuführen, und anderseits gibt es Stoffe, die im
Organismus verbrennen und dennoch für ihn keinen Nährwert
besitzen. Es ist klar, daß sie bloße wissenschaftliche
Fabeln gewesen, die vielen physiologischen Analogien, die
das Jahrhundert der Dampfmaschine uns gebracht hat.
Die Kenntnis der verschiedenen elektrischen Wirkungen %
gab den Grund zur elektrodynamischen Theorie des
Lebens.
Nach der großartigen Entdeckung des Anatomen Luigi
G a 1 v a n i fiel sofort die große Aefmlichkeit der Nervenströme
mit der Elektrizität auf, und selbst Du Bois-Rey-
mond behauptete ja, daß die ganze Nerventätigkeit, die
sich in der Bewegung der Muskeln und den Sinneseindrücken
des Gehirns manifestiert, nur auf einen beständigen
Wechsel der elektrischen Ströme des Nervensystems zurückzuführen
ist. Mit der Erfindung des Telegraphen wurde
der Vergleich der telegraphischen Drähte mit den Nerven,
und Muskeln das allerliebste Analogon populai isierender
Wissenschaft. — Es ist gewiß, daß die Elektrizität wegen
ihrer großen Bedeutung auch auf die Lebewesen, insbesondere
ihre Sinnesorgane, nicht ohne Einfluß bleibt. Die
Wechselseitigkeit und gegenseitige Bedingtheit der chemischen
, magnetischen, elektrischen und Licht-Erschcinun-
gen ist heute allgemein anerkannt, wie aber die elektrischen
Kräfte auf die Organismen wirken und ob besondere Sinnesorgane
für die Elektrizität bei ihnen vorzufinden sind, darüber
wissen wh heute nur wenig.
Die Versuche von H elmholtz über die Fortpflanzungs-
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