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18 Psychische Studien. XLIX. Jahrg. l.Heft. (Januar 1922)
kleine Holundermarkkügelchen von einem geriebenen Glas-
stah angezogen werden; freilich treten hier zwei wahre
energetise he Intensitäten miteinander in Berührung. Wenn
wir abei die vom Okkultismus behandelten Tatsachen als
vahr zulassen, oder wenn es wahr sein sollte, daß indische
Fakire imstande sind, die Schwerkraft zu überwinden und
sich \om Boden zu erheben, dann würde es ein weit größeres
Feiet anorganischer Intensitäten geben, auf welchem
Geschehen, das auf der Basis gcgebenei Intensitätsdifferenzen
möglich wäre, v * der Fmtelechic zeitweise suspendiert
: werden kann/4
Wie im Gebiete der organischen Formbildung uns die
Entelechie als bildender Faktor entgegentritt, so stellt im
Reiche der organischen Handlung ,,das Psychoid" jenes
elementare Agens dar, das den Körper lenkt, ein Etwas,
was zwar noch keine „Psyche" ist, aber doch nur als psychologischem
Analogon gedacht werden kann. Während nun
bei der l" ormentelechie von einer Seele und Bewußtsein
nicht gesprochen werden kann, weist das Psychoid diese
beiden Attribute auf, obgleich wie Driesch ausführt, der
Psychoid-Seele nur in beschränktem Maße Bewußtsein als
dritles parallel zugeordnet ist. F2s gibt Bewußtseinsspaltungen
(Erscheinungen des Neben- und Unterbewußtseins-, in
denen einer Psychoid-Seele aber auch mehrere, oftmals einander
fremde Personalbewußtseine zugeordnet sind. Auf
diesem Felde treten wir auch den höchsten Problemen
gegenüber, die wohl nicht mehr in das Gebiet biologischer
Philosophie, sondern vielmehr der reinen Metaphysik angehören
und die Fragen behandeln, warum irich denn die
Entelechie, ihren Ui zustand aufgebend, mit der Materie
überhaupt einlasse. Ferner ob die Entelechie vor der Geburt
eines Individuums auch individuell war und welcher Art
sie nacti dem Tode sein wird. Der Spiritismus behauptet,
daß nach dem Tode die Entelechie ihre Individualität mit
Verwendung eines neuen Materials weiter behält. Die biologische
Seelenforschung kann hierüber keine bestimmten
Aussagen machen, sie weiß bisher nur, daß eine bestimmte
Materiequantität, welche während des Lebens unter der
Kontrolle der "Entelechie stand, mit dem Tode frei wird
und dann ausschließlich physikalisch-chemischer Kausalität
unterworfen ist. Ob sich die Entelechie passiv oder aktiv von
der Materie zurückzieht und warum hier ihre Fähigkeit
Regulation auszuüben versagt, vermag die biologische Philosophie
nicht zu beantworten. Was den Ursprung des
Lebens betrifft, so ist es sicher, daß, nachdem die materiellen
Formen jedenfalls nicht die Entelechie gebildet haben, sondern
im Gegenteil von dieser beherrscht werden, auch das
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