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Schwab: Halluzination, Pseudohalluzination u. Hellsehen
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zogen und damit das heute noch herrschende Vorurteil
der Gelehrten weit gegen eine ernsthafte wissenschaftliche
Beschäftigung mit dem okkultistischen Problem besiegt
wird.
Einen besonderen Vorzug des Tischnerschen Buches bedeutet
die Klarheit seines philosophischen Denkens sowie
die präzise und doch verständliche Ausdrucks weise, welche
dieses Werk für die Lektüre gebildeter Laien empfehlenswert
erscheinen läßt. Die äußere Ausstattung desselben
ist vornehm und der Bedeutung des Inhalts durchaus angepaßt
.
Halluzination, Pseudohalluzination und Hellsehen.
Von Dr. med. F. Schwab, Berlin.
Die Psychologie hatte bis vor nicht langer Zeit nur
registrierenden Charakter, d. h. sie stellte die Elemente des
Seelenlebens dar, wie man in der Schule etwa eine Pflanze
besehreibt, wie sie besteht aus Wurzel, Blättern, Blüte usw.
Sie ging nicht oder zu wenig auf das Menschenproblem in
teleologischer Hinsicht ein. Sie war keine Seelenlehre, die
be?*timmte Bedürfnisse des menschlichen Geistes befriedigen
konnte; sie war dem praktischen Leben fremd, zu abstrakt.
Aus diesen gewissen Unzulänglichkeiten heraus hat sich
dann die Experimentalpsychologie entwickelt, wodurch praktischen
Fragen wie der Berufswahl, Pädagogik u. a. mehr
Rechnung getragen werden konnte. Aber dies war eine
Abzweigung nur nach einer Seite hin, es bleiben andere
sehr nichtige Fragen übrig, nämlich solche, die mit seelischen
Entwicklungsproblemen zusammenhängen, besonders
auch die Behandlung okkulter Fähigkeiten, die
Bedeutung besonderer Seelenkräfte; die Psychologie war
zu wenig Geisteswissenschaft.
Sie ist aber eben daran, sich nach dieser Richtung
befruchten zu lassen, und zwar von der Psychopathologie
und Psychiatrie. Diese Gebiete stehen gegenwärtig in einer
gewissen Krisis. Es taucht die Frage auf, ob es eine sog.
innere Entwicklung und Entfaltung höherer Fähigkeiten
Mibt. Forschern ist aufgefallen, daß Schizophrenie oder
eine gewöhnliche Psychose manchmal durch eine Art innerer
Entwicklung zum Abschluß kommt; mit anderen Worten,
daß es "nach bisherigen Begriffen , .Geistes kr an k e" gibt,
die gar nicht geisteskrank sind. Nach einem krankhaft erscheinenden
Abschnitt hinterbleiben Fähigkeiten, die diese
Menschen vorher nicht hatten, oder es bleiben gar telepathische
oder hellseherische Eigenschaften als Residuen,
Ich verweise in diesen Punkten auf die Untersuchungein
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