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60 Psychische Studien. XLIX. Jahrg. l.Hcft. (Januar 1922.)
soii seit 1Q09, seit 1910 zusammen mit Dr. von Schrenck-Notzing und
seit Mai 1916 zusammen mit Dr. Geiey arbeitete. Er erkannte bald die
eminente Bedeutung der Ectoplasmie nzw. Ideoplastic als Schlüssel für
die menschliche und tierische Biologie, sie bedeutet den Ruin des organo-
oentrischen Begriffs des Individuums und der auf psychisch-chemische*
Faktoren gegründeten Naturauffassung. Das Individuum ist offenbar ein
unterbewußter Dynamopsychismus, die leitende Idee ist das Wesentliche,
dei Körper ihr ideoplastisches Produkt, die chemischen Reaktionen haben
nur sekundäre Bedeutung, so daß die großen Philosophen, spezieil
Schopenhauer, Recht behalten. — Der Kongreß für psychische Forschung
in Kopenhagen (26. Aug.—2. Sept.); ein Spezialkomitee ist bauftragt,
einen nächsten Weltkongreß vorzubereiten; nach einer von Walter
Prince vorgeschlagenen Resolution soll eine Spezialkoirtnission die typischen
technischen Ausdrücke für internationale psychische Forschung zusammenstellen
. — Neue Experimente in Warschau. — Bibliographie:
„Die biologische Persönlichkeit des Menschen" von Jean Friedel; ,sDcr
Okkultismus im modernen Weltbild" von Prof. Dr. T. K. Oesterreich
(sehr anerkennende Besprechung des jüngsten Werkes des Tübinger
Psychologen von Rene Sudre). Fritz Freimar.
Revue Suisse des Sciences Psychiques. Organe de la Societe
d'etudes psychiques, Geneve; 9e annee, Nr. 5. 6. Sept./Dez. 1921: Die Moral
des Spiritismus von Leon Denis. — Wie ein positivistischer Denker
Spintualist geworden ist, von Ernesto Bozzano. — Ein dramatischer Fall
von spiritistischer Identifikation, id. — In der Trauer. — Bibliographie
Vom Büchertiscb.
Walter Kinkel, Vom Sein und von der Seele Verlag von A. Töpei-
mann, Gießen 1921. 3 verm Aufl. 148 S. M. 12.— geheftet.
--, Aus Traum und Wirklichkeit. Im gleichen Verlag 1921. 2. Auf
112 S. Preis 10 Mark geheftet.
Im Vorwort zur ersten der beiden Schriften, von denen die zweite
als Ergänzu jg und Erläuterung der ersten bezeichnet weiden kann,
sagt Walter Kinkel, der Gießener Philosoph: „Dieses Buch ist bestimmt
für kämpfende, suchende Menschen, die entbehren und verlangen
— nicht für dogmatische Philister, die besitzen t nd genießen."
So klai und eindringlich die Sprache des warmherzigen Verfassers ist,
die suchenden Seelen, an die er sich wendet, werden nvr dann volle
Befriedigung finden, wenn sie sich auch die den beiden Büchlein zugrunde
liegende, von einer platonischen Stimmung getragene Weltanschauung
zu eigen machen können. Der Idee, die in Wissenschaft
, Sittlichkeit und Kunst unser Leitstern werden müsse, kommt
Jkeine Sinnen-Wirklichkeit zu; sie hat ihre Realität im Willen und
in der Zukunft Indem aber die Idee fdie Zukunft des Individuums
und der Menschheit formt, gebiert sie die zukünftige Wirklichkeit.
Was wir in der Gegenwart als Wirklichkeit emptinden, ist nur ein
transzendentaler Schein, der uns auf Schritt und Tritt dem Irrtum
aussetzt, indem er uns das Endliche mit dem Unendlichen verwechseln
läßt — Es gehört ein großer Idealismus dazu, im Leben für eine zukünftige
Idee seine Befriedigung zu finden, wenn sie überdies in vollkommener
Weise niemals in die Erscheinung treten wird, und wenn —
was von entscheidender Bedeutung ist — die eigentliche Seele und
damit ihre Fortdauer nach dem Tode geleugnet wird; denn ein Weiterleben
gebe es nur in Taten und in den der Idee 'geweihten Gedanken
und Gefühlen. Ja, dieses Leben für die Idee verlange von jedem
Menschen, der zur inneren Ruhe kommen wäjl, eine allgemeine endgültige
Entsagung: die Einsicht nämlich, daß sein Endzweck nicht
in seinem isolierten Ich, in seiner physischen Persönlichkeit liegt, so:i-
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