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Schwab: Halluzination, Pseudohalluzination u. Hellsehen. 91
geistigen Auge stehen. Sie kommen vor bei Einnahme
von Berauschungsmitteln, bei Vergiftungen, bei akuten Psychosen
. Bei diesen Pseudohalluzinationen gibt es aber ganz
merkwürdige Abweichungen, die man noch nicht erklären
kann. Jaspers betont, daß wir über die Trugwahrnehmung
überhaupt und ihre Herkunft noch sehr wenig
wissen, Snd die bisherigen Angaben viel zu grob seien (S. 99).
Ich selbst habe mit Dr. Jaspers darüber gesprochen, und
einen Fall in Erwähnung gebracht, der auf sein Anraten
veröffentlicht wurde und geeignet ist, weiteres Licht über
diese Angelegenheit zu verbreiten. Es handelt sich um einen
Halluzinanten, der eine bisher ganz übersehene Wahrnehmungsart
hatte. Die Arbeit erschien in der Zeitschrift „Die
g. Neurologie und Psychiatrie" 1918 unter dem Titel „Selbstschilderung
eines Falles von schizophrener Psychose" 7).
Es handelte sich hier um Halluzinationen, bei denen die
Bilder in einem besonderen Raum gesehen wurden, weder im
bisherigen Sinne des inneren noch des äußeren, dabei hatten
sie eigentümliche Beziehungen zur Umwelt, d. h. es waren
allerdings Bilder im psychologisch inneren Raum, sie waren
wie Vorstellungen, jedoch mit Objektivitätscharakter, denn
sie waren, obwohl ohne Hilfe der Augen gesehen, Wahrnehmungen
, es waren die gesehenen Dinge an bestimmten
Orten der Außenwelt lokalisiert und gaben über die Umgebung
neue Eindrücke. So waren es also wirkliche Wahrnehmungen
und keine eigenen Vorstellungen. Aus demselben
(irunde waren es auch keine Erinnerungsbilder.
Die Bilder hatten ihre Herkunft aus dem äußeren Raum,
aber sie waren doch keine peripheren optischen Eindrücke,
sie waren keine echten Halluzinationen, weil sie echte Eindrucke
wraren.
Sie waren auch keine Pseudohalluzinationen, denn sie
wurden nicht projiziert, sie wurden sowohl bei Zuwendung
als auch bei Abwendung des Kopfes von dem Ort, wo sie
herkamen, an jenem selben Ort gesehen, und sie konnten,
später wenigstens, nach Willkür wahrgenommen werden,
und zwar bei Einstellung der Aufmerksamkeit auf den
Gegenstand, nicht bei Ablenkung, wie es die Pseudohalluzination
verlangt. Ich zitiere einige Stellen. (Während der
Psychose selbst glichen die Eindrücke Pseudohalluzinationen
und waren wohl Gegenbilder der seelischen und körperlichen
Zustände des äußerst sensitiv gewordenen Patienten.)
Seite 7:
„Die Gestalten schienen eine übertriebene Perbonifikation
kleiner geringster Fehler zu sein, die ich selbst machte
(ohne daß ich mir darüber Selbstvorwürfe gemacht hatte),
ganz harmloser Unaufmerksamkeiten in hygienischer, ethi-
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