http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1922/0099
Schwab: Halluzination, Pseudohalluzination u. Hellsehen.
93
wurde wieder aufgenommen unter scharfer Vorstellung des
Gesuchten. Nach einigen Minuten tauchten neue Gestalten
auf, auch Gefühle, die mit dem seelischen und körperlichen
Zustand des Betreffenden zusammenhingen, wie aus der
Kontrolle hinterher hervorging. Bei seelisch Nahestehenden
und Blutsverwandten gelang dies am besten."
Es handelt sich also um Eindrücke, die den Vorstellungen
sehr nahe kommen, die aber doch Eindrücke sind. Und
liier bewegen wir uns in dem Fahrwasser des Hellsehens
und der 1 elepathie, kurz, der parapsychischen Erscheinungen
. Es ist ein Sehen in einem besonderen Raum mit
einer dazu gehörigen Welt. Vielleicht kann man sie als
\ ierte Dimension ansprechen.
Ich habe mich seither selbst eingehend praktisch mit dem
Problem des Hollsehens, der Telepathie, Psychometrie befaßt
und möchte an Hand meiner Erfahrungen über die
bildhaften Eindrücke dieser Art folgende Sätze aufstellen.
(Vorzubemerkcn ist, daß ich meine Arbeit 1918 selbstredend
nicht als Beweismaterial für Hellsehen benützen will und
kann: sie hat zunächst nur psychologischen Wert. Betreffs
kasuistischen Materials verweise ich auf die Arbeiten von
Kotiks), Tischner9) und ein demnächst von Prof. Schröder
erscheinendes positives Versuchsergebnis10).
L Die Wahrnehmungen vollziehen sich unabhängig vom
Auge; das Fixieren mit dem Auge kann aber als funktions-
erleichternde Handlung (etwa zum Zwecke besserer Einstellung
des Bewußtseins auf den Gegenstand} unternommen
werden.
IL tV. Beim Hellsehen ist der Wille darauf gerichtet,
alle eigene Vorstellung und das Denken möglichst zu unterbrechen
, auch jede Erwartung eines bestimmten Resultates.
Vollste Objektivität im Vorstellen. Aber keine solche im
Empfinden. Die Eindrücke sind nämlich nicht nur Bilder,
sondern hängen zusammen mit Erlebnissen. Der Hellseher
sucht sich intensi\ an dem zu beteiligen, was er beobachten
~v\i 1. Das Hellsehen ist durchaus nicht mit dem kühlen
sog. „objektiven** Betrachten einer Sache zu vergleichen.
Der Hellseher ist aber deshalb keineswegs subjektiv. Es
ist ein objektives Verhalten im Vorstellen und ein objektives
gefühlsmäßiges H in gegebensein an den zu erforschenden
Gegenstand notwendig. Es besteht im allgemeinen die
irrtümliche Auffassung, objektives Verhalten im exakt-
\ issenschaftlichen Sinne sei es genügend, wTenn nur jegliches
gefühlsmäßige Einstellen dem Denken weit ht Man
wird eines Tages entdecken, daß unsere sogenannte
„naturwissenschaftlich - nüchterne" Einstellung sehr subjektiv
ist. Es findet sich Gelegenheit, dies an anderer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1922/0099