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112 Psychische Studien. XLIX. Jahrg. 2. Heft. (Februar 1922.)
aber nicht, genau ausgedrückt. Herr Ossowiecki scheint den
Inhalt des Briefes in großen Zügen zu wissen und hilft sich
mit dieser Wahrnehmung.
Zum Beispiel sagte Herr Ossowiecki bei dem englischen
Brief; „Das ist Englisch. Ich kann nicht Englisch. Aber ich
sehe einen einzelnen Buchstaben, dann ein ganzes Wort,
das mit Cons . . . beginnt, dann zwei kurze Worte, dann ein
langes Wort, ähnlich wie Vendredi."
Geschrieben war: „I consider you are wonderful
Der Hellsehende hat also bestimmte Anhaltspunkte, die
ihn führen. Durch diese erste sehr unvollständige Vision
wird zwischen ihm und dem Absender ein Rapport hergesteilt
. Er ist also imstande, seine charakteristischen Eigenschaften
und seine Umgebung zu beschreiben. Zugleich
versetzt er sich im Geist in die Zeit und an den Ort der
Entstehung des Schriftstückes und gewinnt dann die mehr
oder wenigei vollständige intuitive Kenntnis vom Inhalt des
Geschriebenen. Im ganzen bietet Herrn Ossowieckis Gabe,
wie es scheint, eine beträchtliche Stütze für die Psychometrie.
Wjr haben allerdings noch keine Erklärung.
Trotz der schönen Arbeiten, die über Psychometrie erschienen
, besonders die beiden von Bozzano und Oesterreich,
bleibt diese Art des Hellsehens noch völlig dunkel.
Vorläufig enthalten wir uns jeden Erklärungsversuches.
Jedoch haben wir Grund, zu hoffen, daß Herrn Ossowieckis
wunderbare Gabe uns eines Tages gestatten wird, das Dunkel
ein wenig zu lichten.
Wir können auf den guten Willen und die große Bereitwilligkeit
unseres Freundes zählen. Erwarten wir also mit
Geduld die künftigen Versuche, die wir so bald als irgend
möglich in Paris anzustellen beabsichtigen.
Nachtrag: Prof. Ch. Richet, der in Warschau erfolgreich
mit Ossowiecki Ende April 1921 experimentiert hatte,
hinterließ Herrn Dr. Geley einen versiegelten Brief, den
dieser am 1. Mai 1921 dem Hellseher vorlegte. Die Antwort
wurde Wort für Wort von Dr. Geley aufgeschrieben und
lautet:
„Es ist die Rede von einer Dame Berger . . . Ein Herr
im Alter von 50 Jahren schrieb diesen Brief, der eine Antwort
auf einen Brief Richets darstellt. Dieses' Schreiben
stammt nicht von Paris, sondern aus einem Orte nahe dem
Meere. Verschiedene Dinge sind dann besprochen. Es ist
eine Einladung. — Ich sehe, daß darin auf eine Frau Berger
Bezug genommen wird. Diese Dame ist 33 Jahre alt
und verheiratet. Ich kann nicht weiter lesen. Die Schrift
ist sehr eilig, unordentlich und verwirrt. Der Mann, der
dieses schrieb, ist musikalisch."
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