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Vom Büchertisch
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nicht erbracht werden. Endlich ist, wie Tischner und Oesterreich gezeigt
haben, die Annahme von Geistern nicht nötig, da man immer noch auf
ein weitverzweigtes Netz hellseherischer und telepathischer Verbindungen
zwischen den Lebenden zurückgreifen kann. Das ma-* vielfach die Erklärung
sehr verwickelt gestalten, aber die Bequemlichkeit der Geister-
hypothese ist noch kein Beweis für ihre Wahrheit. Für die Frage des
Hereinwirkens der Verstorbenen ist es daher ziemlich belanglos, die geschichtliche
Existenz einer Annie de Morgan nachzuprüfen (Ho ff mann
S. 80, 84). Daß bei einer Materialisation die Uniform eines französischen
Offiziers nicht wirklichkeitsgemäß herauskam und ebensowenig sein Angesicht
, wird von Hoffmann selbst (S. 131) auf Rechnung der Anwesenden
gesetzt, weiche weder den Verstorbenen kannten, noch eine
Vorstellung von enier französischen Offiziersuniform hatten. Das spricht?
entschieden gegen die Geisterannahme. Die Art ferner, in welcher die
angeblich Abgeschiedenen um die Fürbitte der Lebenden bitten, ist
durchaus durch die jeweiligen irdischen Glaubensvorstellungen bestimmt
(S. 136, 141). Darüber, daß Verstorbene die Bekanntschaft mit Kirchen-
Hedern aufweisen, welche erst nach ihrer Lebenszeit gedichtet sind
(S. 142), vermag ich nicht so leicht wie Hoffmann hinwegzukommen.
Alle diese einzelnen Momente scheinen sehr deutlich gegen die Geister-
hjpothese vom He* einwirken Verstorbener in unsre Welt zu sprechen.
Ein vierter Teil verbindet die Christuserscheinungeu und das Ma-
terialisationsproblem, und der Schluß versucht, die ^Erscheinungen als
Kundgebungen des lebendigen Christus zu verstehen/ Hier wirken sich
die großen Schwierigkeilen aus, von welchen die Ausführungen der
beiden vorigen Teile gedrückt werden. Denn zu den Materialisationen
bedarf es der Medien. Diese glaubt Hoffmann in erster Linie in Petrus,
in zweiter in den anderen Jüngern zu finden. Dadurch entsteht die seltsame
Lagt, daß die Medien und die Beobachter dieselben Personen sind.
Dies soll /war nach den früheren Ausführungen nicht unmöglich sein; aber
wir erfahren nicht, bis zu welchem Grade und unter welchen Bedingungen
auch wird nicht ersichtlich, ob und wrie weit diese Bedingungen bei
den Jüngern zutreffen. Der Nachweis ihrer Medianimität (S. 151) kann
kaum als geglückt gelten. Für die Person des Petrus stützt er sich auf
die Verklärungsgeschichte (Mtth. 17,2 ff, S. 152) und auf die Erzählung
von der wunderbaren Befreiung des Petrus aus dem Gefängnis (AG.
12,7 ff., S. 154). Beide Beweisstücke sind nur schwach, da sie dringend
verdächtig sind, Legenden zu sein; im besten Falle handelt wenigstens
die Verklärungsgeschichte von einer Vision. Für die Medianimität der
übrigen Jünger beruft sich Hoffmann auf die Pfingsterzählung (AG. 2,1 ff.,
S. 156). Es mag hier auf sich beruhen, ob die S. 157 vorgetragene
spiritistische Deutung des Zungenredens haltbar ist. Anders aber steht
es mit dem S. 158 erwähnten Windhauch, wie er bei Materialisationsvorgängen
wiederholt beobachtet worden sein soll. Denn zunächst fragt
man, was für eine Materialisation in der Pfingsterscheinung überhaupt
vorliegen soll. Sodann bedeutet das erwähnte Brausen des Windes gar
nicht eine haptische sondern eine akustische Empfindung. Endlich wird
das vernommene Geräusch mit dem Brausen eines starken Windes nur
verglichen. Angesichts dieses Tatbestandes ist es äußerst gewagt, hier
eine Beziehung auf gewisse Windempfindungen entdecken zu wollen,
wie sie gelegentlich die Materialisationen begleiten sollen. Mit dem
Verfasser die dem Paulus vor Damaskus zuteil gewordene Erscheinung
als eine Stoffneubildung aufzufassen (S. 159), geht auch nicht wohl an,
da eine Gestalt überhaupt nicht gesehen, sondern Jesu Stimme nur gehört
wird. Die hier wie in der Pfingstgeschichte berichtete Lichterscheinung
muß nicht notwendig mit den Lichterscheinungen mediumistischer
Leistungen zusammengestellt werden. Finden sie doch beide am hellen
Tage statt, und wird das Licht, welches Paulus sah, als heller denn der
Sonne Licht am Mittag geschätzt. Aehnliches gilt auch von dem Lichte
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